Fürbitte für Korea

31. Oktober 2009


Nach 40 Jahren japanischer Kolonialisierung wurde Korea am Ende des Zweiten Weltkrieges von den USA und der Sowjetunion befreit und zugleich ohne eigenes Verschulden geteilt. Die vorläufige Nord-Süd-Teilung des Landes sollte in Folge des Kalten Krieges zu einer dauerhaften Trennung und zur Bildung zwei verfeindeter Staaten führen. 1950 brach zwischen dem kommunistischen Nordkorea und dem amerikanisch besetzten Süden ein Krieg aus, dem insgesamt etwa 1,3 Millionen Soldaten und drei Millionen Zivilisten zum Opfer fielen.

Seit dem Waffenstillstand von 1953 verläuft entlang des 38. Breitengrades die undurchlässigste Grenze der Welt. Weder können sich Familienangehörige über diese Grenze hinweg besuchen noch können sie miteinander telefonieren oder Päckchen schicken. Das Schlimmste aber ist die Erinnerung daran, dass Koreaner auf Koreaner geschossen haben und deshalb eine Versöhnung zwischen ihnen so schwer fällt.

Während in diesen Tagen der Ereignisse vor 20 Jahren gedacht wird, die zur friedlichen Wiedervereinigung Deutschlands geführt haben, sind die politischen Fronten in Korea noch so verhärtet, dass eine Öffnung der Grenze kaum möglich erscheint. In dieser Situation setzen Christen auf die Kraft des Gebetes und erinnern sich daran, dass auch die friedliche Revolution in der ehemaligen DDR mit Friedensgebeten in den Kirchen begonnen hat.

Nur wenige Christen leben in Nordkorea, wo sich das Regime des Diktators Kim Jong Il einer atheistischen Staatsideologie folgt und den Religionen nur sehr begrenzte Möglichkeiten eröffnet. Etwa 12.000 evangelische Christen sind unter dem Dach des nordkoreanischen Christenbundes (Korean Christian Federation) organsiert.

In Südkorea ist hingegen der christliche Bevölkerungsanteil in den letzten Jahrzehnten rapide gewachsen. Ein Viertel der ca. 48,5 Millionen Einwohner sind in einer Kirche aktiv, die meisten von ihnen in evangelischen Gemeinden reformierter Prägung.

Seit 6 Jahren kommt es zu gemeinsamen Gebetstreffen zwischen Christen aus Nord- und Südkorea. Im November 2008 konnten über 90 Pfarrerinnen und Pfarrer aus Südkorea mit einer Sondererlaubnis direkt in die nordkoreanische Hauptstadt Pjöngjang fliegen, um gemeinsam mit den dortigen Christen für Versöhnung, Frieden und die Wiedervereinigung ihres Landes zu beten. Auch in diesem Jahr ist für Anfang November ein solches Gebetstreffen in der Bongsu-Kirche in Pjöngjang vorgesehen.

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der vom 11. bis 15. September Nordkorea besucht hat und sich vom 15. bis 21. September in Südkorea aufgehalten hat, empfiehlt den Kirchengemeinden in Deutschland, am kommenden Sonntag, den 1. November für Korea zu beten.

Vor der Synode der EKD in Ulm sagte der scheidende Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, im Rückblick auf die Reise:

„Beschämt stellten wir dabei fest, wie intensiv viele Koreaner auf eine Wiedervereinigung hoffen. Wie viel verhaltener war diese Hoffnung vor 1989 in Deutschland! Unsere schüchternen Hoffnungen wurden erfüllt, weit über unser Bitten und Verstehen hinaus. Was können wir anderes tun, als den Hoffnungen der Menschen in Korea unsere Stimme zu leihen?“

Die Dankbarkeit für das, was in Deutschland vor 20 Jahren geschehen ist, soll verbunden werden mit der Fürbitte für das geteilte koreanische Volk, das sich nach Frieden und einer Überwindung der Trennung sehnt. Der folgende Gebetstext wurde allen Landeskirchen vorgeschlagen:

Gütiger Gott, in diesen Tagen werden wir an das wunderbare Geschenk der Einheit in Freiheit erinnert. Wir danken Dir dafür, dass vor zwanzig Jahren die Teilung Deutschlands ohne Blutvergießen ein Ende fand.

Wir denken in diesen Tagen aber auch an das koreanische Volk, das noch immer unter der Teilung in zwei Staaten leidet. Familienangehörige leben seit beinahe sechzig Jahren voneinander getrennt und sehen sich nach einem Wiedersehen.

Wir bitten Dich, gemeinsam mit unseren Schwestern und Brüdern in Nord- und Südkorea um Versöhnung zwischen Nord- und Südkorea. Möge auch in Korea durch Deine Güte die Wiedervereinigung in Freiheit auf friedlichem Weg geschehen.