Schutz der Menschenrechte muss vorrangige Leitlinie sein

EKD-Ratsvorsitzender zum Tag der Menschenrechte

10. Dezember 2001


Zum Tag der Menschenrechte hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Manfred Kock folgende Erklärung abgegeben:

"Der Herausforderung durch den internationalen Terrorismus in der Folge der Anschläge vom 11. September ist nur durch gemeinsame Anstrengungen der internationalen Staatengemeinschaft zu begegnen. Eine der entscheidenden Voraussetzungen für den Erfolg wird die Anerkennung und Durchsetzung gemeinsamer Rechtsregeln sein. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, deren 53. Jahrestag wir heute (10. Dezember) begehen, bildet hierfür eine unersetzbare Grundlage. Von dieser muss der notwendige Ausbau des internationalen Rechts und seiner Institutionen, wie etwa des Internationalen Strafgerichtshofes, ausgehen.

Nach wie vor gibt es eine große Anzahl von Staaten, in denen die Freiheit des Gewissens und der Religionsausübung eingeschränkt sind. Immer noch werden Menschen ihres Glaubens, ihrer Rasse oder ihres Geschlechtes wegen benachteiligt. Unfaire Gerichtsverfahren, polizeiliche Willkür und Folter werden von den Menschenrechtsorganisationen in vielen Ländern festgestellt. Besorgniserregend sind Stimmen, die Einschränkungen von Menschenrechten erwägen, um den Terrorismus zu bekämpfen. Demokratische Verfassungsgrundsätze wie die Gewaltenteilung und das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen Gericht sind jedoch unaufgebbare Ansprüche. Regierungen, die sich über unverzichtbare Elemente des Rechtsstaats hinwegsetzen, schaffen nicht mehr, sondern weniger Rechtssicherheit und leisten staatlicher Willkür Vorschub. Es gibt jedoch auch einige Zeichen der Hoffnung. die aus Anlass des Tages der Menschenrechte gewürdigt werden müssen. Da ist vor allem der unermüdliche Einsatz von Menschenrechtsgruppen in vielen Ländern, die für ihr Engagement oft hohe Risiken eingehen. Da ist auch die Verabschiedung des Grundlagenpapiers zur Zukunft Afghanistans auf der Petersberger Konferenz. Das könnte ein erster Schritt sein zu einem friedlichen Zusammenleben aller Volksgruppen in einer stabilen Gesellschaft. Denn die Achtung der kulturellen und religiösen Besonderheiten der einzelnen Volksgruppen gibt dem afghanischen Volk die Chance für einen wirklichen Neubeginn.

Nun gilt es, diese Fortschritte, beim Wiederaufbau Afghanistans in die Praxis umzusetzen. Der Menschenrechtsgedanke, der auch die Frauen- und Minderheitenrechte einschließt, muss jetzt in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert, vor allem aber von den politisch Verantwortlichen umgesetzt werden. Der Schutz der Menschenrechte muss auch in schwierigen politischen Prozessen und bei angespannter Sicherheitslage vorrangige Leitlinie sein, damit die Werte, die man schützen will, nicht durch die Mittel, die man dabei anwendet, gefährdet werden."