Wohltuend in Aufbruch geraten

Ist es ein Kongress, ein Workshop, ein Kirchentag? Nun, man wird sehen.

24. September 2009


Mit der „Zukunftswerkstatt 2009“ beginnt in Kassel etwas, was es bisher in der evangelischen Kirche noch nicht gegeben hat. Über 1200 Menschen sind geladen, um sich der „Kirche im Aufbruch“ zu widmen. Unter diesem Titel firmiert eine  vielgestaltige Bewegung von Initiativen und Ideen, die sich in den vergangenen Jahren in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und ihren 22 Landeskirchen Bahn gebrochen hat. Sie ist bunt wie der Protestantismus nun mal ist. Sie ist aber ganz konkret von der Erkenntnis geleitet, dass einiges passieren sollte, wenn die evangelische Kirche auch im 21. Jahrhundert in Deutschland nah bei ihrer Botschaft und nah bei den Menschen bleiben will. So ist ein Netzwerk der Kirchenreform entstanden und in Kassel in vielgestaltiger Form zu erleben.

Der erste Tag gilt der Standortbestimmung: Neben einem grundlegenden Vortrag von Bischof Wolfgang Huber, dem Vorsitzenden des Rates der EKD, wird u.a. im Kasseler Kongresspalais die „Galerie guter Praxis“ eröffnet. Dort sind, übrigens am Freitag auch für die große Öffentlichkeit, 100 Beispiele aus verschiedensten Gebieten kirchlicher Praxis an kleinen Ständen zu besichtigen, an denen die Besucher keine Materialschlachten erwarten, sondern in erster Linie Menschen, die von dem erzählen, was sie in ihren Kontexten unternehmen, um die Kirche am Puls der Zeit und in der Nähe ihres Grundes zu halten.

Das bedeutet bunte Vielfalt pur: Besondere Gottesdienstformen werden vorgestellt, wie zum Beispiel die „Sternstunde“. So heißt eine besondere Gottesdienstform aus dem ostfriesischen Elisabethfehn. Oder man kann etwas über „On Fire –Gott begegnen, Feuer fangen!“ erfahren. Da ist ein Jugendgottesdienstprojekt aus Solingen (Rheinland), der in der größten Diskothek der stattfindet. Ober es gibt Infos zum „Kampenwand-Gottesdienst“, der im Kirchenkreis München und Oberbayern entwickelt wurde. Ein Megaprojekt mit Posaunenchören und Alphornbläsern auf der oberbayerischen Steinlingalm in 1300 Meter Höhe. Es geht nicht darum, alles eins zu eins zu kopieren, sondern darum, in der „Galerie guter Praxis“ zu erfahren, was es alles gibt und welche Teile oder Module übertragbar sind auf andere Regionen, Situationen und Herausforderungen.

Dieser anregende Ansatz gilt nicht nur für besondere Gottesdienstformen, sondern auch für die unterschiedlichsten Glaubens- und Bildungsaktionen und –projekte die im weiten Raum der EKD angesiedelt, von „Singen im Kindergarten“ (ein „Generationsübergreifendes Singpatenmodell in Kindergärten aus Kurhessen-Waldeck) bis zu „Treten Sie ein“ („Mobile Wiedereintrittsstelle des Kirchenkreises Hamburg-West/Südholstein).

Am Freitag verteilen sich die 1200 Teilnehmer auf 27 ausgedehntere Morgenandachten im gesamten Kasseler Stadtgebiet, danach trifft man sich vormittags in kleineren Gruppen, um in 31 sogenannten Werkstätten grundsätzliche Themen kirchlichen Lebens zu diskutieren, die die „Kirche im Aufbruch“ schon länger beschäftigen. Am Nachmittag geht es dann weiter in 11 Foren , in der sich neue Initiativen vorstellen und der kritischen Diskussion stellen. Und abends wird gefeiert. Denn Glaube ist nicht in erster Linie Arbeit, sondern Feier des Lebens.

Am Sonnabend, zum Abschluss, ziehen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer  der Reformwerkstatt in einem großen „Stationenweg“ durch Kassel, der mit geistlichen Stationen gestaltet ist, und die Aktivistinnen und Aktivisten der „Kirche im Aufbruch“ stärken soll vor ihrem Rückweg in ihre Gemeinden.
Zukunftswerkstatt 2009 in Kassel – ist es Kongress, ist es ein Workshop, ist es ein Kirchentag? Wer weiß das schon genau. Auf jeden Fall sollen es drei tolle Tage in Kassel werden, die zeigen, dass die evangelische Kirche in wohltuender Weise in Aufbruch geraten ist.

EKD-Zukunftswerkstatt in Kassel