Erfolgsgeschichte unter freiem Himmel

Freiluftgottesdienste werden immer beliebter

17. August 2009


Gottesdienste unter freiem Himmel erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Immer mehr Teilnehmer kommen zu den zwanglos-locker gestalteten und selten mehr als 30 Minuten dauernden Kurzgottesdiensten, zu denen an beliebten Wander- und Ausflugzielen eingeladen wird. "Hier ist wachsende Kirche Wirklichkeit", urteilt Martin Wolf von der württembergischen Landeskirche, einziger hauptamtlicher Referent im Bereich der EKD für Gottesdienste im Grünen.

Wolf weiß, wovon er spricht. Die rund 1.000 Freiluftgottesdienste im Jahr allein im Bereich der württembergischen Landeskirche werden von 20 bis 600 Menschen besucht, im Jahr kommen rund 150.000 zu dieser "Kirche im Grünen". Ihre Saison beginnt meist am Palmsonntag und dauert bis in den Spätherbst. Die meisten Termine gibt in den Monaten Mai bis September: dann registriert Wolf bis zu 2.000 Zugriffe wöchentlich auf seiner Internet-Seite www.kirche-im-gruenen.de.

Das jährlich von ihm herausgegebene Faltblatt mit den Gottesdienstorten und -terminen erscheint in immer höherer Stückzahl: Für 2009 betrug die Startauflage 65.000 Exemplare. Auch das eigens für die Freiluft-Gottesdienste konzipierte Lieder- und Gebetsbüchlein mit einer Gesamtauflage von annähernd 200.000 Exemplaren war vergriffen und wurde im vergangenen Jahr erweitert und neu aufgelegt.

Begonnen hat in Württemberg alles vor 35 Jahren. Am 14. Mai 1974 wurde erstmals zu einem Kurzgottesdienst unter freiem Himmel auf eine Festungsruine bei Reutlingen eingeladen. Die zunächst skeptisch beäugte neue und so ungezwungene Art eines Gottesdienstes wirkte offenbar wie eine Initialzündung: Noch 1974 wurde das Beispiel an 35 weiteren Orten nachgeahmt.

Und es ist zu einem Exportartikel geworden: Freiluftgottesdienste werden zunehmend auch von anderen Landeskirchen angeboten. Beliebt sind beispielsweise in Bayern die "Berggottesdienste", etwa am Nebelhorn und im Bayerischen Wald. In Duisburg wird im Botanischen Garten Gottesdienst gefeiert, die Mitarbeiter von "Kirche unterwegs" gestalten kirchliche Angebote auf Campingplätzen zwischen Dänemark und Italien.

Ein Markenzeichen der Freiluft-Gottesdienste ist ihre Zwanglosigkeit: Die Prediger tragen nur selten einen Talar, von Liturgie mag man kaum reden, bei der Gestaltung der Gottesdienste gibt es sehr viel Freiheit: Lieder, Gebete, kurze Ansprache meist über einen bekannten Psalm oder ein wichtiges Bibelwort, Vaterunser und Segen gehören aber dazu.

Mit diesen Gottesdiensten geht die Kirche hin zu den Menschen. Angeboten werden sie meist an markanten Ausflugszielen in Feld und Wald. Wanderer, Urlauber und Kurgäste steuern oft ganz bewusst bei ihrem Ausflug einen Gottesdienstort von "Kirche im Grünen" an. Auch Busfahrten zu den Freiluftgottesdiensten hat es schon gegeben.

So lassen sich auch Menschen ansprechen, die nicht gerne ein Kirchengebäude betreten. "Hier in der Natur ist es viel schöner als in einer Kirche" - das ist oft zu hören. So kommen etwa Familien, die hier nicht das Gefühl haben, ihre Kinder stören die anderen Gottesdienstbesucher. "Hier fühlen sich die Kinder einfach wohler als in einem dunklen Kirchengebäude" sagt eine Mutter. Es kommen konfessionsverschiedene Ehepaare oder auch Hundefreunde, die sich hier von ihrem Vierbeiner nicht trennen müssen.

Die Teilnehmer - viele in Wanderkleidung - stehen oder sitzen im Halbkreis. Sie können danach noch bleiben, grillen, sich unterhalten und über das Gehörte nachdenken, die Natur oder die Aussicht genießen. Auch das gehört zum Angebot von "Kirche im Grünen" - und macht wohl mit den Erfolg aus. (epd)