Europäische Kirchen gegen Waffenhandel

Tötender Gewalt zuvorzukommen

18. Juli 2009


“Wir wollen eine Welt ohne Waffen – aber wir wissen, dass der Weg dorthin lang ist.” So beschreibt Pastor Dr. Lennart Molin, Direktor des Schwedischen Rates der Kirchen, das Ziel des Göteborg-Prozesses. Bei einem Hearing zum Thema Waffenexporte im Rahmen der 13. Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) sagte Molin am Donnerstag in Lyon: „Als ersten Schritt bemühen wir uns um einen Dialog zwischen allen, die am internationalen Waffenhandel beteiligt sind: Waffenproduzenten, Käufer, Kontrollinstitutionen und Experten.“ Im Göteborg-Prozess arbeiten Kirchen und kirchennahe Einrichtungen seit 2001 zusammen, um größere öffentliche Aufmerksamkeit auf den internationalen Waffenhandel und die mit ihm verbundenen ethischen Fragen zu lenken. Der expandierende Waffenmarkt und die rasante Umstrukturierung der europäischen Waffenindustrie bildeten den Ausgangspunkt für die erste Ökumenische Konferenz, die 2001 im schwedischen Göteborg stattfand. Eine zweite Konferenz wurde 2004 abgehalten, diesmal bereits mit einer deutlich stärkeren Gewichtung auch des außer-europäischen Waffenhandels. Die dritte Konferenz („Göteborg III“) fand im November 2007 in Kenia statt.

Manchmal werden sie gefragt, ob ihr Prozess nicht zu wenig radikal sei, weil er auch die Waffenproduzenten mit an den Tisch hole, berichtet Peter Brune, der als geschäftsführender Direktor des schwedischen Life & Peace-Institute mit zu den Veranstaltern gehörte. Drohe nicht die Gefahr, dass sich manches schwarze Schaf durch Beteiligung an einer Kirchenkonferenz reinwaschen wolle? Sicher gebe es diese Gefahr, räumt auch Lennart Molin ein. Aber mitunter sei es schwer, die Grenze zwischen Gut und Böse sauber zu ziehen. Deswegen brauche man den Dialog. Klar sei: „Hersteller und Käufer haben eine Verantwortung für die Waffen – wir wollen die ganze Reihe in eine Debatte über die ethischen Zusammenhänge einbeziehen.“

Aktuell engagieren sich die Organisatoren des Göteborg-Prozesses für die Verabschiedung eines internationalen Waffenhandelsabkommens (Arms Trade Treaty – ATT). Es soll grundlegende Regeln für den internationalen Handel mit konventionellen Waffen aufstellen. Das Abkommen basiere auf „dem einfachen Prinzip, dass Waffenhändler und –käufer eine Verantwortung dafür tragen, keine Waffen bereit zu stellen, deren Einsatz eine gravierende Verletzung des internationalen Rechts bedeuten könnten“, so die Veranstalter.
Von den Kirchen in Europa wünschten sie sich eine größere Aufmerksamkeit für dieses Thema, geben Molin und Brune zu. „Unsere Veranstaltungen zielen vielleicht noch zu sehr nur auf die Experten – aber wir bemühen uns, das durch Bücher, Broschüren und unsere Internetseite zu verbessern.“

In Deutschland hat sich die Ausfuhr von Waffen im vergangenen Jahr um dreizehn Prozent erhöht. In Europa steht Deutschland damit an erster Stelle der Waffenexporteure, weltweit direkt hinter den USA und Russland. Der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber, hatte am diesjährigen Karfreitag darauf hingewiesen, dass diese Rolle des „Europameisters im Waffenexport“ eine paradoxe Konsequenz haben könnte: „Eines Tages müssen Soldaten der Bundeswehr im Auslandseinsatz unter Umständen die Gewalt unterbinden, die mit deutschen Waffen verübt werden soll.“ Stattdessen müsste es die Aufgabe sein, „der tötenden Gewalt zuvorzukommen, nicht den Tod durch Waffengewalt herbeizuführen.“

Webseite des Göteborg-Prozesses

Rüstungsexportbericht 2008 der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)

Karfreitagspredigt des EKD-Ratsvorsitzenden