Seelsorge im Strandkorb

Urlauberpastorin im größten Nordseeheilbad Cuxhaven ist zwischen Deich und Meer dienstbereit

13. Juli 2009


Eine steife Brise fegt die Regenwolken weg und lässt Schaumkronen auf den Nordseewellen tanzen. "Typisch Cuxhaven", freut sich die evangelische Urlauberpastorin Hella Mahler über das Wetter. "Die Sonne kommt hier immer wieder durch." Sie muss es wissen, denn die Pastorin ist viel draußen. In den Ferienmonaten hat sie im Strandkorb am Deich Quartier bezogen und ist für jedermann ansprechbar. Die Szenerie ist überwältigend: Über dem Korb kreischen die Möwen, die Schiffe schieben sich scheinbar zum Greifen nah an der Küste vorbei. Seelsorge mit Meeresblick.

Mit mehr als drei Millionen Übernachtungen gilt Cuxhaven als größtes Nordseeheilbad. Entsprechend stattlich ist auch die Zahl der Erholungssuchenden, die dankbar die Angebote der Urlauberseelsorge annehmen. "Wir haben im Strandkorb Zeit zum Klönschnack", sagt Mahler und weiß aber auch, dass sich aus zunächst unverbindlichen Gesprächen nicht selten mehr entwickelt. "Hier haben die Leute frei. Viele Menschen holen deshalb gerade im Urlaub die Probleme ein, die zu Hause durch den Alltag überdeckt werden. Wenn sich das dann durchwühlt, fällt ihnen im Hotel oder im Ferienhaus die Decke auf den Kopf."

So erlebt die 53-jährige Cuxhavener Pastorin oft den "Small Talk" am Strandkorb. Manchmal geht es aber auch um existenzielle Fragen. "Die Menschen bewegen im Urlaub vor allem Beziehungskrisen, aber auch Arbeitslosigkeit und Mobbing in der Firma." In erster Linie höre sie zu. Später werde sie auch um ihre Meinung gebeten. "Dann geht es um eine neue Sicht auf die Dinge." Ähnlich gefragt ist ihre ehrenamtliche Kollegin, Kurseelsorgerin Marianne Vehring. "Wer seine Probleme rauslässt, kann oft schon ein dickes Paket wegschmeißen", betont die 60-jährige Prädikantin.

Der Strandkorb ist so etwas wie der Vorposten der Urlauberseelsorge und Türöffner für die Angebote der "Kirche unterwegs". Dazu zählen Gottesdienste im Watt, meditative Abendspaziergänge, ökumenische Familienaktionen im Kirchenzelt, eine Urlauber-Kapelle mit "Gute-Nacht-Geschichten" und eine Ferienkantorei. Insgesamt arbeiten an der niedersächsischen Nordseeküste nach den Worten von Koordinator Hartmut Schneider in der laufenden Hochsaison zwölf Kurprediger. Über das Jahr verteilt sind es etwa 100 Pfarrer aus ganz Deutschland, die zeitweise die Kanzel in ihrer Heimatgemeinde gegen Strandkorb und Kirchenzelt tauschen.

Hella Mahler hat ihrem Strandkorb einen Namen gegeben. "Wir sprechen von der Laubhütte", sagt die Theologin und erläutert den Hintergrund. Das Laubhüttenfest erinnere daran, dass Gott das biblische Volk Israel auf dem langen Weg durch die Wüste nicht allein gelassen habe. "Damals wurde eine Laubhütte gebaut als Zeichen dafür, dass Materielles verloren gehen kann. Doch auf Gott lässt sich vertrauen." Für Mahler ist der Strandkorb mit der in der steifen Brise flatternden grünen Fahne der "Kirche unterwegs" ein Zeichen dafür, dass niemand alleine ist - auch nicht im Urlaub. (epd)

Urlauberseelsorge Cuxhaven