Das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD stellt Gospelstudie vor

25. Juni 2009


"Ohne diese Musik würde mir etwas fehlen", sagt Manuela Beckert (21) vom Gospelchor der Thomaskirche in Leipzig. "Bei den Chorproben tanke ich auf. Die beschwingte Art tut mit gut, die Alltagsschwierigkeiten kann ich vergessen", freut sich Friedemann Winter (27). Andreas Lenninger (44) aus Westfalen meint, Gospelsingen sein ein bisschen wie eine Droge, es mache süchtig - allerdings ohne schädliche Nebenwirkungen. Für Gospelchöre begeistern sich Frauen und Männer, die Freude am Singen mitbringen, rhythmusbetonte Musik mögen und zumindest eine Offenheit für religiöse Fragen verspüren. Das ist ein Fazit der Untersuchung von Petra-Angela Ahrens vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD (SI). Die Soziologin fand zudem heraus, dass Gospelchöre Menschen anziehen, die im kirchlichen Gemeindeleben eher selten anzutreffen sind. Es sind die 40-49-Jährigen. Weitere Merkmale: Überdurchschnittlich gut gebildet und zu 80 Prozent weiblich.

Bislang gab es keine verlässlichen Informationen darüber, wer sich in Gospelchören engagiert und aus welchen Motiven. Auf Anregung des Lenkungskreises für den hannoverschen Gospelkirchentag führte das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD in Zusammenarbeit mit der Creative Kirche die erste bundesweite Befragung von Gospelchören durch. 8.411 Sängerinnen und Sänger aus 463 Chören haben sich beteiligt. Am 17. Juni stellte Petra-Angela Ahrens gemeinsam mit dem badischen Landesbischof Dr. Ulrich Fischer, Oberlandeskirchenrat Dr. Hans Christian Brandy von der Ev.-lutherischen Landeskirche Hannovers und Martin Bartelworth, Geschäftsführer des Gospelkirchentages (Creative Kirche, Witten) die Ergebnisse der Studie in Karlsruhe vor. Für den musikalischen Rahmen und die richtige Stimmung sorgte der Gospelchor des Evangelischen Oberkirchenrates. Der Ort war bewusst gewählt: 2010 findet in Karlsruhe der fünfte Internationale Gospelkirchentag statt.

"Gospelmusik ist eine Chance, Menschen zu erreichen, die sonst selten angesprochen werden können und die häufig eher kirchenfern sind", sagte Hans Christian Brandy. Weitere interessante  Ergebnisse, so Brandy: "Gospelchöre sind kein tendenziell evangelikales Phänomen, sie repräsentieren die Breite des kirchlichen Lebens. Gospelchöre entfalten zudem missionarisches Potential. Kirchlichkeit und religiöse Bindung der Sängerinnen und Sänger nehmen durch das Mitsingen deutlich zu. Ein Drittel ist durch das Gospelsingen dem christlichen Glauben innerlich näher gekommen. Das ist eine Dynamik, über die wir uns nur freuen können." Die fröhlich-swingende Atmosphäre in den Gospelchören zieht Menschen an und begeistert sie. "Gospelchöre sind  - in Kirchengemeinden - gelebte Ökumene. Sie integrieren und wirken gemeinschaftsbildend", betont Petra-Angela Ahrens. Gospelchöre stellen eine Bereicherung dar. Doch sie haben ihr Eigenleben und lassen sich nicht gern instrumentalisieren. Auch wenn sich immer mehr Menschen für Gospelmusik interessieren, zu einem Breitenphänomen wird sich in Deutschland, so Soziologin Ahrens, der Gospel nicht entwickeln. Der moderne, rhythmusbetonte Stil sei nicht jedermanns Sache und das Singen in einem Chor nicht für jeden ein attraktives Betätigungsfeld.

Die Studie (44 Seiten) ist für 5 Euro plus Porto zu bestellen bei: info@si-ekd.de