Nicht nur Johann Sebastian Bach

Protestanten prägen Europas Musikwelt - EKD erinnert an Bedeutung der Kirchenmusik

25. März 2009


Die Kirchen der Reformation haben seit dem 16. Jahrhundert einen einzigartigen musikalischen Reichtum entwickelt. Dafür stehen nicht nur der unerreichte Johann Sebastian Bach (1685-1750) sondern auch Barock-Komponisten wie Heinrich Schütz (1585-1672), Georg Friedrich Händel (1685-1759), Georg Philipp Telemann (1681-1767) und viele andere. Ihre Oratorien, Kantaten und Orchesterwerke gehören zum Kernprogramm der Klassik-Sender und Konzertsäle dieser Welt.

"Die europäische Musikgeschichte wie das Liedgut der Christenheit wären erheblich ärmer ohne den Beitrag aus den Ländern der Reformation", heißt es darum selbstbewusst in dem Grundsatz-Text "Kirche klingt" der EKD, der am Dienstag in Hannover vorgestellt wurde. "Die evangelische Kirche ist eine Kirche der Musik", wird darin betont. Dazu ist die evangelische Kantorei seit Jahrhunderten ein Erfolgsmodell christlicher Kulturarbeit."

"Die Zusammengehörigkeit von Wort und Musik prägt die evangelische Frömmigkeit und den evangelischen Gottesdienst auf besondere Weise", unterstreicht der EKD-Ratsvorsitzende, der Berliner Bischof Wolfgang Huber, im Vorwort. Für Martin Luther (1483-1546), den Schöpfer des protestantischen Kirchenliedes, war der Gesang eine der zentralen Ausdrucksformen des christlichen Glaubens, er "fördert das Gute und treibt das Böse aus".

Selbst da, wo der Sprache der kirchlichen Tradition misstraut werde, stehen religiöse Klänge hoch im Kurs, heben die Autoren der Studie hervor: "Ob in der Hochkultur oder der Popszene: Überall drücken sich in Musik tiefste Sehnsüchte, Hoffnungen und Ängste aus. Die Töne offenbaren, woran das Herz hängt. Musik ist eben nicht nur Geschmacks-, sondern auch Glaubenssache."

Gospelkonzerte, Kantatenaufführungen und Orgelkonzerte zählen der EKD zufolge zu den "Aktivposten" der Kirche: 2005 gab es danach im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland mehr als 65.000 kirchenmusikalische Veranstaltungen mit knapp 7,4 Millionen Teilnehmenden. Die etwa 32.000 Posaunen-, Gesangs- und sonstigen Instrumentalgruppen haben über 523.000 Mitwirkende. In Deutschland gibt es rund 3.500 hauptamtliche hauptamtliche Kirchenmusiker (Kantoren), davon knapp 2.000 in der evangelischen Kirche.

Aber auch die Kirche hat Schwierigkeiten, dieses Engagement aufrecht zu erhalten oder es gar zu steigern, wird vor dem Hintergrund von Einsparungen aufgrund zurückgehender Mitgliedszahlen und Kirchensteuereinnahmen eingeräumt. Kirchenmusiker klagen seit langem über einen Abbau von Stellen sowie eine unzulängliche Bezahlung im Vergleich zu ihrem hochqualifizierten Studium und langjährigen Ausbildung.

Man müsse von der Vorstellung Abschied nehmen, dass "in hoher Dichte eine anspruchsvolle Ausstattung mit professionell betriebener Kirchenmusik möglich sei", heißt es in dem 48-seitigen Heft, das von der Ständigen Konferenz für Kirchenmusik in der Evangelischen Kirche von Deutschland erarbeitet worden ist. Gefördert werden sollen kirchenmusikalische "Leuchttürme" wie bekannte Knabenchöre, überregional renommierte Kantoreien sowie Gospel-Sängerinnen oder Bands.

"Für viele ist das kirchliche Leben (leider) auch der einzige Ort, an dem man selbst noch die eigene Stimme zum Gesang erhebt", stellen die Autoren fest. "Oftmals sind es die Kirchen in Stadt und Land, die die Fahne der musischen Bildung hochhalten", fügt Bischof Huber hinzu. In einer Zeit der Allgegenwart von Musik in Kaufhäusern und Kantinen, in Wohn- und Schlafzimmern sei ein bewusster Umgang mit Musik nötig, wird zugleich eingeräumt: "Es braucht auch die Erfahrung der Stille, um sich für Musik öffnen zu können." (epd)

Buchhinweis: "Kirche klingt" - Ein Beitrag der Ständigen Konferenz für Kirchenmusik in der evangelischen Kirche von Deutschland zur Bedeutung der Kirchenmusik in Kirche und Gesellschaft. EKD-Texte 99 - Herausgegeben vom Kirchenamt der EKD

Der EKD-Text „Kirche klingt“ als pdf-Datei