Die Entstehung der Arten

Vor zweihundert Jahren wurde Charles Darwin geboren

11. Februar 2009


Charles Darwin, der vor 200 Jahren, am 12. Februar 1809, im englischen Shrewsbury geboren wurde, gilt als einer der bedeutendsten Naturwissenschaftler überhaupt. So wurde er in einer Liste der einflussreichsten Personen in der Geschichte auf dem 16. Platz geführt, und in Großbritannien wurde er auf den vierten Platz der „einhundert größten Briten“ gewählt. Darwin erklärte, alles Leben auf der Erde habe sich im Laufe der Jahrmillionen ständig verändert und an die Umgebung angepasst - und daraus sei irgendwann auch der Mensch hervorgegangen. Damit revolutionierte er das damalige Weltbild und hat nach Sigmund Freud für eine der drei großen Kränkungen der Menschheit gesorgt. Auch in Theologie und Kirche hat er für großes Aufsehen und lange Zeit für manchen Widerstand gesorgt.

Darwin hatte in Cambridge selbst Theologie studiert, nachdem er sich bei den Medizinern an der Universität von Edinburgh gelangweilt hatte. Schon als Schüler hatte er Muscheln und Käfer gesammelt. Als Student beschäftigte er sich lieber mit Meereszoologie und Geologie als mit der Bibel. Immerhin schloss er sein Studium im April 1831 mit dem Baccalaureus Artium ab. Am 27. Dezember desselben Jahres stach Darwin dann mit der „HMS Beagle“ in See. In den fünf Jahren seiner Weltumseglung entwickelte sich Darwin zu einem sorgfältigen Naturbeobachter und Feldforscher. Ging das Schiff an der südamerikanischen Küste vor Anker, sammelte er geologische, botanische und zoologische Proben, die er nach England sandte. Besonders berühmt ist sein Aufenthalt auf den Galápagos-Inseln. Aber weder die Schnäbel der Finken, noch die Panzer der Schildkröten brachten ihn auf die Idee einer „natürlichen Selektion“. Die englischen Taubenzüchter, eine Studie des Ornithologen John Gould über die Vögel auf Galápagos und ein Essay des Ökonomen Thomas Robert Malthus über die Bevölkerungsentwicklung standen eher Pate für sein bahnbrechendes Buch: 1859, also vor 200 Jahren, erschien Darwins Hauptwerk „Die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl“.

Bei Malthus hatte Darwin 1838 das Modell gefunden, nach dem er suchte, seit ihm eine Veränderlichkeit der Arten schwante: die Konkurrenz zwischen Starken und Schwachen, die die Individuen zur Anpassung an „ökologische Nischen“ zwang, um zu überleben. Die Tauglichsten konnten sich am besten fortpflanzen, so dass sich eine „natürliche Zuchtwahl“ ergab. 1871 veröffentlichte Darwin schließlich sein wohl kontroversestes Buch, „Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl“, in dem er die These ausführte, Mensch und Affe hätten gemeinsame Vorfahren. Das erregte Ende des 19. Jahrhunderts nicht nur in der Kirche von England Anstoß, sondern ließ Darwin auch zum Objekt des Spotts von Satirikern werden. In seinem letzten Lebensjahrzehnt konzentrierte sich er in seiner Forschungs- und Publikationstätigkeit auf botanische Themen. Auch wenn er seinen eigenen christlichen Glauben verlor, wurde er nicht anti-kirchlich oder anti-religiös, sondern engagierte sich über 40 Jahre lang in seiner örtlichen Kirchengemeinde in Downe/Kent, wo Charles Darwin am 19. April 1882 verstarb.

Nachdem seine Forschungsergebnisse lange Zeit auf großen kirchlichen Widerstand stießen, hat sich in den letzten Jahrzehnten eine Perspektive durchgesetzt, die es den Kirchen ermöglicht hat, ihren Frieden mit Darwin zu machen. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat mit ihrer Orientierungshilfe „Weltentstehung, Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube in der Schule“ (EKD-Texte 94) deutlich gemacht, dass sie die Evolutionstheorie nicht als eine konträre Auffassung zum biblisch begründeten Schöpfungsglauben versteht. Damit hat sie sich von Vertretern des Kreationismus und des Intelligent Design distanziert. Die Lehre von der Evolution wird als wissenschaftlich gut begründete Theorie begrüßt; Gottesglaube und Naturwissenschaft schließen sich nicht aus, sondern sind auf wechselseitigen Dialog angewiesen. Wo aber die Evolutionstheorie benutzt werde, um die Biologie als Gesamtdeutung der Welt gegen den Schöpfungsglauben zu missbrauchen, da sei evangelischer Widerspruch angebracht.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, hat in der Orientierungshilfe dazu deutliche Worte gefunden: „Weder die Angriffe eines neuen Atheismus auf den biblischen Schöpfungsglauben noch die im Namen des christlichen Glaubens vorgebrachten Angriffe auf die Evolutionstheorie treffen deshalb die jeweils andere Seite im Kern. Gewiss gibt es Auslegungsformen des biblischen Schöpfungsglaubens wie der Evolutionstheorie, die der Kritik bedürfen. Eine sachgemäße, ja sogar notwendige Kritik an problematischen Auslegungsformen wird jedoch erst möglich, wenn man sich aus falschen Alternativen befreit hat. Die Überwindung solcher falscher Alternativen und die Ermöglichung sachgemäßer Kritik gehören aber gerade zu den Kennzeichen eines evangelischen Glaubensverständnisses.“  Sowohl der Kreationismus als auch eine ultradarwinistische Bekämpfung des Schöpfungsglaubens sind daher von der EKD als Irrwege bezeichnet worden. Wer dagegen von dem Modell der Kompetenzunterscheidung aus beiden Sichtweisen auf die Wirklichkeit ihr Recht zugestehe, könne die Erkenntnis der Natur durch wissenschaftliche Methoden mit seinen Glaubensüberzeugungen verbinden. Die Worten des Pianisten Alfred Brendel träfen auch auf das Verhältnis von Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube zu: „Je genauer wir verstehen, desto größer ist unser Staunen.“ (mit epd)

EKD-Text 94 „Weltentstehung, Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube in der Schule. Eine Orientierungshilfe des Rates der EKD“

Schöpfungsglaube und naturwissenschaftliche Aussagen - Orientierungshilfen zur eigenen Urteilsbildung