Aufatmen in Thailand

Gefahr des Blutvergießens scheint zunächst gebannt

03. Dezember 2008


Thailand hat in den letzten Tagen wie selten zuvor die Welt auf sich aufmerksam gemacht. Der Kampf um die politische Zukunft hat das Land nahe an den Abgrund gebracht. Über eine Woche hielten Regierungsgegner die beiden Flughäfen Bangkoks besetzt und verhinderten damit jeden Tag über 700 Starts und Landungen. Nicht wenige fürchteten ein großes Blutvergießen. Diese Gefahr scheint nun zunächst gebannt zu sein. Pfarrer Burkhard Bartel meldete sich heute mit einem Lagebericht. Die Menschen in Thailand und auch die EKD-Gemeinde dort atmen erst einmal auf.
 
Uns geht es gut, außer dass wir natürlich auch angespannt sind und gespannt, wie es weiter geht hier und wer nun endlich den Knoten einmal lösen wird. Politisch ist die Situation kompliziert und auch unübersichtlich für uns Ausländer. Da kämpfen viele Parteien und Seiten und einflussreiche Persönlichkeiten gegeneinander. Bei den Deutschen, die hier leben, überlegt sich dennoch wohl niemand, das Land etwa zu verlassen. Die deutschsprachige Schule mit 236 Schülern ist geöffnet und kann ganz normal arbeiten. Wir hatten am Sonntag in Pattaya (140 km südlich von Bangkok) einen schönen Gottesdienst, zu dem uns eine große Gruppe unserer Gemeinde aus Bangkok begleitet hat. Nach dem Gottesdienst gingen wir zum gemeinsamen Mittagessen und anschließend noch in einen wunderschönen botanischen Garten.
 
Vorgestern war ich zur Mittagszeit am und im Flughafen wie auch schon am letzten Freitag. Dabei konnte ich auch einige Fotos machen, die mehr sagen als 1000 Worte. Sie zeigen, dass auch ein Weltflughafen zu einem Campingplatz umfunktioniert werden kann. Weit und breit sah ich keinen Polizisten und natürlich auch keine Fluggäste mehr. Und kein einziges Taxi und kein Bus fahren mehr zum Flughafen. Auch die Flughafenangestellten sind alle weg. Niemand plündert dort oder macht etwas kaputt. Im Gegenteil: Es wird geputzt und gekocht und jede Zigarettenkippe eingesammelt. „Wir sind gute Demonstranten und kämpfen gegen die Korruption!“ In den Hotels der Stadt warten inzwischen über 300.000 Touristen auf ihren Rück- oder Weiterflug. Dass so etwas möglich ist, hätten wir vor einer Woche nicht geglaubt.
 
Zu Weihnachten möchten uns unsere Töchter aus Deutschland besuchen kommen. Hoffentlich ist bis dahin am Flughafen wieder Normalität zugelassen. Politisch werden wir aber noch länger auf eine große Lösung warten müssen.
 
Gestern sind nun wie erwartet die regierende People Power Party (PPP) und zwei Koalitionsparteien vom obersten Gericht wegen Wahlbetrugs (Wählerstimmen wurden gekauft) aufgelöst worden. Damit muss auch der Ministerpräsident Somchai Wongsawat zurücktreten. Er darf fünf Jahre lang kein politisches Amt mehr übernehmen. So hat die Opposition zunächst ihre wichtigsten Ziele erreicht. Aber was kommt nun? Am kommenden Freitag (5. Dezember) wird der König 81 Jahre alt, und Thailand feiert den Vatertag. Wie wird sich der König verhalten und wird er bald sein Schweigen beenden?
 
Kaum war das Verbot der drei Regierungsparteien ausgesprochen, wurde von ihnen schon die Gründung der Nachfolgepartei "Puea Thai" angekündigt. Und schon am 8. Dezember wollen sie dann aus ihren Reihen einen neuen Premierminister wählen. Das für nächste Woche in Chiang Mai in Nordthailand geplante Gipfeltreffen der ASEAN-Staaten wurde auf März 2009 verschoben.
 
Eben kommt die Nachricht, dass der Flughafen schon heute Nacht wieder frei sei für Frachtflüge. Inzwischen sind auch schon die ersten vier Passagiermaschinen gelandet. Der normale Flugbetrieb könne aber erst in einigen Tagen aufgenommen werden. Die Sicherheit der beiden Flughäfen müsse erst wieder garantiert sein. Aber warten wir ab. Eine große Lösung und wirklich neue Perspektiven hat die gestrige Gerichtsentscheidung erst einmal nicht gebracht. Es bleibt weiter spannend. Aber wir sind sehr erleichtert darüber, dass es nicht zu einem befürchteten gewalttätigen Zusammenprall der Regierungsgegner und Befürworter kam.
 
Und auch das gibt es in Thailand: Die Demonstranten der Volksallianz für Demokratie (PAD) haben heute die beiden Flughäfen besenrein zurückgegeben. Es gab keine Plünderungen und keine Zerstörungen. Eine Woche standen Geschäfte und Büros des Flughafens offen. Heute kehrten die Bediensteten wieder an ihren Arbeitsplatz zurück.
 
Damit ist erst einmal der Ausnahmezustand beendet, der mit der Besetzung des Parlamentsgebäudes am 26. August begann. Die Schäden für die Wirtschaft und den Tourismus Thailands sind immens und können heute nicht annähernd geschätzt werden. Eine Meinungsumfrage einer Tageszeitung ergab, dass sich zwei Drittel der Thailänder wegen der derzeitigen Verhältnisse schämen würden.
 
Auch bei uns hat die Adventszeit angefangen. Aber erst jetzt können wir uns ernsthaft mit Weihnachten und den Vorbereitungen dafür beschäftigen. Heute hatten wir die erste Probe unseres Krippenspieles für Heiligabend.