Wenn Warten zur Jahreszeit gehört

Adventskalender helfen die Tage bemessen

26. November 2008


„Das halbe Leben besteht aus Warten.“ Mit philosophisch-weisheitlichem Augenzwinkern blickt die ältere Frau aus ihrem Sessel. Es ist ihre Lebenserfahrung und widerspricht aller Grundeinstellung, die eine Kölner Gruppe vor vielen Jahren in die ganz und gar nicht kölsche Zeile „time is cash, time is money“ zusammengefasst hat. Sie wartet auf ihre Enkel, die einen voradventlichen Besuch angekündigt haben. Doch deren Feierabend lässt mal wieder auf sich warten und so wartet eben die Großmutter auch. Gelassenheit macht sich bei ihr breit, denn sie kann sich darauf verlassen, das die beiden doch noch kommen – sie sind immer gekommen, auch wenn sie manchmal gar keine Zeit haben.

Warten müssen alle: Die Reisenden auf dem Bahnhof auf den verspäteten Zug, der junge Mann auf die Freundin, die sich wieder einmal mit Altersgenossinnen verquatscht hat, der Patient im Wartezimmer des Arztes, bei dem wieder mal ein Notfall dazwischen gekommen ist, der Skifahrer in der langen Schlange vor dem Lift, die Schülerin auf die Rückgabe der Arbeit, auf die sie so viel gelernt hat. „Abwarten und Tee trinken“ lautet dann der Versuch, die eigene Ungeduld herunter zu spielen. Und wer seine eigene Ungeduld überwinden kann, entdeckt einen anderen Umgang mit der Zeit. Doch beherrscht von engen Terminkalender, kann das Warten-Müssen auch neue Züge der Ungeduld aufdecken.

Auch das Kirchenjahr lädt in manchen Momenten zum Warten ein. Für die Werbung im Fernsehen und die Supermärkte ist schon seit Wochen „Vorweihnachtszeit“ und der noch in Cellophan verpackte Lebkuchen animiert schon seit dem Spätsommer zum Kaufen, Schnuppern und Essen. „Freu Dich aufs Honigkuchenpferd“ ist doch auch der Hinweis, dass auch Lebkuchen ihre Zeit haben. Doch jetzt ist es bald so weit: Die letzte Woche des Kirchenjahres ist mit dem Ewigkeitssonntag angebrochen und danach starten in vielen Städten die Weihnachtsmärkte. Glühweindüfte wabern über die Plätze und durch die Straßen. Weihnachtsbogen werden in den Fenstern der Wohnungen aufgestellt und nur noch wenige Tage bleiben, einen Adventskranz zu besorgen.

Die letzte Woche des Jahres liegt so dazwischen. Eigentlich gehört sie zum Ewigkeitssonntag, der in vielen Gegenden auch Totensonntag heißt, aber „die Zeit zur Vorfreude“ ist nicht mehr zu bremsen. Wenn in diesem Jahr zum einen der Schnee – „nicht der von gestern“ – rechtzeitig zum Ausklang des Kirchenjahres gefallen ist und die abgeräumten Gräber unter sich begraben hat und wenn in diesem Jahr Advent nicht nur im Dezember liegt – jetzt sind die Tage, lieben Freunden eine Freude für die Adventszeit zu machen. Und für all die, die tagtäglich mit dem Computer online leben ist vielleicht ein Adventskalender per Email eine Möglichkeit den Tag zu unterbrechen. In weihnachtlicher Vorfreude – „riechst du schon den Braten?“ – helfen unerwartete Sprüche und aufs Minimum reduzierte grafische Darstellungen die Wartezeit bis Weihnachten zu überbrücken. Wer guten Freunden aber viel mehr bieten möchte, kann auch selbst gestaltend die Hand anlegen – das alles auf www.ekd.de .

Advent ist die Zeit der Vorfreude und des Wartens und in wenigen Tragen geht diese Zeit des Kirchenjahres los: Weihnachtsbäckerei, Geschenke einkaufen, Kerzenschimmer und die Hoffnung auf „Friede, Freude, Lebkuchen“. Und hoffentlich ist nicht nur der Advent die Zeit, in der Enkel ihre Großmutter besuchen...