Ein "Dürer" für 65 Cent

Der Verkauf der Weihnachtsmarken zugunsten von hilfsbedürftigen Menschen hat begonnen

25. November 2008


Christine Chudy setzt auf Tradition. Schon seit 22 Jahren verkauft die Berlinerin Wohlfahrtsmarken. Die Einnahmen durch den Porto-Zuschlag tragen dazu bei, den Alltag in der Kindertagesstätte "Maria Gnaden" schöner und bunter zu machen. Chudy leitet die katholische Einrichtung und weiß aus leidvoller Erfahrung, "dass der massiv gekürzte Etat für viele Wünsche der Kinder nicht mehr ausreicht". Der Verkauf der Marken, deren Zuschläge zwischen 20 und 55 Cent sie für Spiele, Bücher, Bastelmaterial oder neue Möbel verwenden kann, kommt da gerade recht.

Über 400 Euro waren es 2007, berichtet Chudy und beschreibt den seit Jahren unveränderten Ablauf: Sie wirbt mit Plakaten und Prospekten in der Einrichtung und nimmt anschließend bei Elternabenden die Briefmarkenbestellungen entgegen. "Es ist mühselig, aber es lohnt sich", sagt die Kita-Leiterin. Ganz oben auf der aktuellen Wunschliste: ein Sonnensegel und eine mobile Lautsprecheranlage.

Wie Christine Chudy bringen bundesweit Tausende Helfer die Zuschlagsmarken unters Volk. Jetzt beginnt für sie wieder die hektische Zeit des Jahres: Die neuen Weihnachtsmotive kommen in den Handel. Die Marken zeigen Szenen der "Geburt Christi" von Albrecht Dürer (45 plus 20 Cent) und der "Anbetung der Könige" von Raffael (55 plus 25 Cent). Über den Erlös, den Haupt- und Ehrenamtliche in den Einrichtungen erzielen, können sie selbst bestimmen. Meist wird das Geld vor Ort verwendet.

Dagegen fließen die Zuschlagseinnahmen aus den Postfilialen zur weiteren Verteilung an das "Sozialwerk Wohlfahrtsmarken", eine Einrichtung der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW), die seit 1949 besteht. Längst vertreiben deren Mitglieder das "Porto mit Herz" aber auch über eigene Portale im Internet.

Insgesamt wurden seit 1949 über 3,9 Milliarden Wohlfahrts- und Weihnachtsmarken verkauft. Dadurch flossen etwa 590 Millionen Euro an die Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt, der Caritas, der Diakonie, des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, des Deutschen Roten Kreuzes und der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Dennoch sind die Verbände alarmiert, denn zuletzt gingen die Markenverkäufe zurück.

Von der Wohlfahrts- und Weihnachtsmarken-Serie 2006/2007 wurden den Angaben zufolge 41 Millionen Postwertzeichen verkauft. Das war gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 1,1 Millionen Stück (minus 2,6 Prozent). Mit 27,9 Millionen verkauften Marken erzielten die Verbände etwa das gleiche Ergebnis wie mit der Vorjahresserie. Insgesamt lagen die Zuschlagseinnahmen bei rund 12 Millionen Euro. 2001 waren es noch über 17 Millionen Euro. "Beim Absatz der Marken über die Deutsche Post beläuft sich der Rückgang auf zirka 7,5 Prozent, davon sind Wohlfahrtsmarken (minus 10 Prozent) stärker betroffen als die Weihnachtsmarken (minus 4 Prozent)", heißt es im Jahresbericht 2007 der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtpflege. Aus dem Postverkauf wurden dennoch knapp 3,6 Millionen Euro an die BAGFW ausbezahlt, was 96 Prozent des Vorjahresergebnisses entspricht.

Diese Probleme liegen für Michael Stratmann in weiter Ferne. Der Leiter der katholischen Marienschule in Brilon im Sauerland schreibt mit den Schülern seine Erfolgsgeschichte des Briefmarkenverkaufs fort. Seit rund 15 Jahren, "aus kleinen Anfängen heraus", konnten sie die Erlöse "fast kontinuierlich steigern", berichtet der Pädagoge. Zwischen 3.000 und 4.000 Euro jährlich kommen zusammen, wenn die Schüler der 6. Klassen freiwillig von Haustür zu Haustür ziehen, um Marken zu verkaufen. Stratmann ist voll des Lobes für die Jugendlichen: Auf 70 bis 80 Prozent des Jahrganges schätzt er die Zahl der Schüler, die das Projekt unterstützten. Alle seien mit Elan dabei und versuchten stets, "das Vorjahresergebnis noch zu übertrumpfen".

Die Erlöse fließen seit zehn Jahren in das südliche Chile, wo in Puerto Montt katholische Schwestern ein Waisenhaus und eine Schule unterhalten - eine Einrichtung, zu der die Marienschule schon seit 35 Jahren eine Patenschaft unterhält. Dass Stratmann das Geld nicht in neue Möbel für seine eigene Schule steckt, geschieht aus Überzeugung: "Die Kinder sollen auch an Andere denken, wenn sie etwas Gutes tun." (epd)

Sozialwerk Wohlfahrtsmarken

Weihnachtsmarken 2008