Die Friedfertigen sind Gottes Kinder

Erinnerung an die Opfer der Kriege um des Friedens willen

14. November 2008


„Der Frieden ist der Ernstfall“ hat der frühere Bundespräsident Gustav Heinemann einmal festgestellt. Als evangelischer Christ hat sich der Politiker immer wieder gegen alle Kriegstreibereien in Zeiten des Kalten Krieges zur Wehr gesetzt. Johannes Rau, auch er bekennender evangelischer Christ, hat diesen Satz als Bundespräsident wieder aufgenommen.

Viele der heutzutage in Deutschland lebenden Menschen kennen Bilder des Krieges – Gott sei Dank – nur von den Bildern der täglichen Nachrichten. Menschen, die beide Weltkriege noch erlebt haben, werden von Jahr zu Jahr weniger. Trotzdem darf die Erinnerung an die beiden Kriege, die von deutschem Boden ausgegangen sind, nicht verblassen, denn daraus entsteht die Mahnung, den Frieden ernst zu nehmen und an der Versöhnung der Völker und Kulturen zu arbeiten.

Der Volkstrauertag ist ein Datum im Jahr, an dem an die Schrecken des Krieges erinnert und um die Toten der beiden Weltkriege getrauert wird. Weniger mit dem Blick zurück, sondern als Beitrag für einen Frieden, der nicht nur Mitteleuropa einschließt, sondern auch die Regionen umfasst, in denen heute noch Krieg ist.

1952 wurde entschieden, den Volkstrauertag am vorletzten Sonntag des Kirchenjahres zu feiern – also zwei Sonntag vor dem ersten Advent. Ziel war es, eine bei allen Deutschen einheitliche Erinnerung an das Leid des Krieges zu bewirken und so die Deutschen „über die Schranken der Partei, der Religion und der sozialen Stellung zusammen[zu]führen ..., auf dass aus den Gräbern unserer fast zwei Millionen Gefallener uns Mut und Kraft zu segensreicher Arbeit an unseres Volkes und unseres Vaterlandes Zukunft erwachsen [kann].“ So hieß es schon bei der Einführung des ersten Volkstrauertages in Zeiten der Weimarer Republik, der damals allerdings nicht in den stillen Tagen des Novembers, sondern mit in der Passionszeit vor Ostern lag. Die Erinnerung an die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs und an alle Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft kam nach 1945 noch dazu.

Zum Volkstrauertag 2008 schreibt der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber: „Der Volkstrauertag erinnert Jahr für Jahr daran, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist. Er bildet vielmehr eine Aufgabe, die immer wieder neue Anstrengungen erfordert. Dazu verpflichtet insbesondere die Erinnerung an die Opfer, die Krieg und Gewalt in unserer Geschichte gefordert haben und heute noch fordern.

Die zahlreichen Veranstaltungen an diesem Tag mahnen die heutige Generation zum Frieden. Die Gottesdienste am Volkstrauertag weisen darauf hin, dass aller Einsatz für den Frieden seinen Grund in Gottes Frieden hat, der uns heilsam voraus ist.

Das Motto des diesjährigen Volkstrauertags „Grenzenloses Europa – Grenzen der Versöhnung“ deutet den Lernprozess an, der mit der Friedensverantwortung in Europa verbunden ist. Auf dem Hintergrund zweier verheerender Kriege hat sich in Europa ein Friedensprojekt entwickelt, das auf dem Gedanken der Versöhnung beruht. Mit der Überwindung der europäischen Spaltung im Jahr 1989 kann dieses Friedensprojekt den ganzen europäischen Kontinent umfassen. Brücken der Versöhnung können über Grenzen geschlagen werden, die in früheren Zeiten Gegner, ja Feinde voneinander trennen. Nach Jahrhunderten kriegerischer Gewalt im Innern und kolonialer Expansion nach außen konnte Europa ein neues Kapitel in seiner Geschichte beginnen. Das europäische Friedensprojekt des 21. Jahrhunderts wird von den Menschenrechten inspiriert und ist von stetig dichter werdenden wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Austauschprozessen, insbesondere aber von vielfältigen Begegnungen zwischen Menschen über Grenzen hinweg getragen.

Das Eintreten für den Frieden hat in der Agenda der christlichen Kirchen in Europa einen hohen Rang. Dabei ist die Überwindung von Gewalt das große Ziel der Christenheit. Christen wissen sich im Glauben verpflichtet, für den Frieden einzutreten. Jesus Christus war weder ein Feldherr noch ein Gotteskrieger, sondern ein jüdischer Rabbi, der die Sanftmütigen pries und die Friedensstifter „Gottes Kinder“ nannte. Ziel christlichen Handelns ist schon deshalb immer der Friede, niemals der Krieg. Dies ist die Perspektive aller Konfessionen in Europa. Diese Perspektive verpflichtet ebenso zu einem selbstkritischen Rückblick auf die Rolle der Kirchen in den europäischen Konflikten der Vergangenheit wie zu einem verbindenden und verbindlichen Engagement für die Zukunft des europäischen Friedensprojekts.“

Informationen zum Volkstrauertag

Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge e.V.

Hinweis:

Übertragung aus dem Deutschen Bundestag in Berlin: Feierstunde des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, ZDF, 16. November, 16 Uhr