Kirchliches Perlentauchen

Internetplattform „Kirche im Aufbruch“ geht online

31. Oktober 2008


Abraham sollte aufbrechen in ein Land, das der Herr ihm zeigen will. Mose brachte das Volk Israel dazu, aus dem Land der Sklaverei aufzubrechen. Jesus überzeugt die Fischer am See Genezareth aufzubrechen, das Boot und die Netze hinter sich zu lassen und ihm nachzufolgen. Paulus ist nach dem Erlebnis in Damaskus aufgebrochen und hat viele christliche Gemeinden besucht und verändert. „Aufbrechen“ gehört zum Selbstverständnis des wandernden Gottesvolkes – ein Aufbruch war auch der Moment vor fast 500 Jahren, als der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther seine Thesen zu Buße und Ablass an die Schlosstüre in Wittenberg gehämmert hat: Aufbrüche haben die Welt, in der Menschen miteinander leben und glauben, verändert. „Kirche im Aufbruch“ so ist der EKD-Reformprozess überschrieben, der im Sommer 2006 gestartet wurde, als der Rat der EKD das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ herausgegeben hat. Den Gedanken, „Kirche im Aufbruch“ zu sein, greift auch die neue Internetplattform auf, in der Kirchengemeinden, Kirchenbezirke, Landeskirchen aufgefordert sind, ihre Aufbrüche zu beschreiben: Beispiele guter Praxis aus dem Leben der Kirche heutzutage finden sich unter der Adresse kirche-im-aufbruch.ekd.de, die zum Reformationstag 2008 freigeschaltet wird.

Die Plattform bietet Anregungen, Praxismodelle und konkrete Materialien für missionarisch einladende Angebote von Gemeinden und Regionen. „Innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland gibt es weit mehr Beispiele und Erfahrungen gelungener und missionarisch einladender Arbeit, als allgemein bekannt ist“, sagt der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber. „Die Internetplattform ‚Kirche im Aufbruch’ trägt deshalb Beispiele guter Praxis aus dem Alltag kirchlicher Arbeit in die Breite von Kirchengemeinden, Kirchenkreisen und Landeskirchen. Sie hebt die Schätze kirchlicher Arbeit. Sie ermutigt dazu, nach den ‚Perlen kirchlicher Arbeit’ zu tauchen bzw. sie anderen zugänglich zu machen. Damit bereichert sie die Gemeinschaft untereinander. Sie fördert und stärkt den geistlichen Aufbruch, der sich an vielen Orten unserer Kirche vollzieht.“

Seit dem 15. Juli können Gemeinden und Regionen ihre Projekte für die Plattform im Internet vorschlagen. Aus den eingesandten Projekten hat die Steuerungsgruppe Reformprozess bisher 30 Projekte ausgewählt, die beim Start der Plattform als „Beispiele guter Praxis“ vorgestellt werden. Entscheidend für die Auswahl war, dass die Angebote offen und einladend, innovativ und übertragbar sind. Darunter sind besondere Gottesdienstideen, Projekte zur Gemeindeentwicklung, zur Stärkung des Ehrenamtes und kirchliche Angebote im öffentlichen Raum.

Eine der „Perlen“, die auf der Plattform zu finden sind, heißt „Baustelle Leben“. Das Dekanat Germersheim lädt vier Mal im Jahr zu einem Gottesdienst in einen großen Baumarkt der Region ein. „Bauen und Renovieren hat schließlich auch immer etwas mit Lebensgestaltung zu tun“, sagt Gemeindereferent Joachim Würth. Eingeladen sind „alle, die aktiv im Leben stehen, Heimwerker, Familien mit Kindern und alle, die offen sind für Unkonventionelles“.

Wie eine Gemeinde auch ohne eigenen Kirchturm im Stadtteil weithin sichtbar sein kann, das zeigt „Kirche im Kiez“ aus Potsdam. Aus der Not, keine eigene Kirche zu haben, hat die Gemeinde eine Tugend gemacht. Sie trifft sich nun in kommunalen Treffpunkten wie zum Beispiel dem Bürgerhaus.

Einen besonderen Gottesdienst feiert die Kapellengemeinde in Heidelberg jedes Jahr in der Woche vor Totensonntag. In ihm werden die Namen, alle in der Region verstorbenen Obdachlosen verlesen und für jeden und jede eine Kerze angezündet. So gedenkt die Gemeinde derjenigen, die in der Gesellschaft sonst kaum wahrgenommen werden und setzt so ein Zeichen.

„Glaubwürdig“, „Nachtleben“, „Komm und sieh“. So heißen weitere Projekte. Jeden Monat werden auf der Plattform zehn neue Beispiele guter Praxis und ein „Projekt des Monats“ vorgestellt. Weiterhin können Gemeinden und Regionen ihre innovativen missionarischen Projekte online vorschlagen und so die Perlen der eigenen Arbeit anderen zur Verfügung stellen.