Verjüngte Ausgabe der Herrnhuter Losungen

279 Jahre Tradition in neuem Gewand

18. Oktober 2008


„Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“, weiß der Psalmbeter. Eines der starken Bilder aus der Bibel: Mauer, überspringen, Grenzen überwinden, Zäune hinter sich lassen. „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ – und einreißen, hat 1989 jemand ergänzt. Zwanzig Jahre ist das im kommenden Jahr her und wer es damals erleben konnte, hat die Bilder der Mauerspechte nicht vergessen. „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen“ – und über Gräben, kann ergänzen, wer die neueste Ausgabe der Herrenhuter Losungen für das kommende Jahr in die Hand bekommt: „Für junge Leute – Losungen 2009“. Das Titelbild zeigt ausgelassen wirkende junge Menschen, die über einen Graben springen.

Titelbild? Junge Menschen? Ausgelassen? Und das alles in Zusammenhang mit den Losungen? Losungen sind doch blau gebunden, seit Menschengedenken gleich aussehend und sprechen eher ältere Menschen an. Dem widerspricht jetzt die Bruderunität (Herrrnhuter Brüdergemeine) als Herausgeberin zusammen mit den Friedrich Reinhardt Verlag (Lörrach / Basel) nicht durch Worte, sondern mit Taten. Und sie komme, so schreibt die Herausgeberin im Geleitwort, damit „einem lang gehegten Wunsch nach“: eine neu und damit anders gestaltete Ausgabe der Losungen für jeden Tag, die sich speziell an junge Menschen richtet. Nicht der Umschlag ist anders geworden, sondern jeder Tag des kommenden Jahres hat eine eigene Seite, die Schrift ist moderner und die Gestaltung lockerer. Neben der altestamentlichen Losung und dem neutestamentlichen Lehrtext findet sich ein kurzer Impulstext und ein kurzes Gebet, so wie der Verweis auf die tägliche Bibellese. Und in der Mitte jeder einzelnen Seite genügen Platz für eigene Notizen.

Die Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine haben bei vielen Menschen eine gute Tradition: Oft sind die aus einem großen Fundus gelosten Verse der Bibel der erste gelesene Text eines Tages – noch vor der Tageszeitung. Für viele sind Losung und Lehrtext ein wichtiger Begleiter durch den Tag, doch das schmucklos praktische Büchlein, das in jede Tasche passt, mag nicht jeden ansprechen. Junge Menschen, die in ihrer Familie erlebt und gelernt haben, mit der Losung den Tag zu beginnen, wird die neue Aufmachung eine Einladung sein. Ein spannendes Experiment derer, die seit 279 Jahren die Menschen mit einem Spruch zum Nachdenken versorgen – und die Erfahrung, ob junge Menschen nicht viel mehr auf die Losungen für den PC oder das Handheld „abfahren“, wird die Erfahrung des kommenden Jahres bringen. Diese elektronische Version gibt es ja nun schon einige Jahre.

Und an jenem 9. November, als vor 20 Jahren die Mauer fiel, heißt dann im Jahr 2009: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande scheint es hell.“ (Jesaja 9,1). Irgendwie scheint diese Losung wieder einmal zu passen – dazu der Lehrtext: Paulus schreibt: „Ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages.“ (1. Thessalonicher 5,5) – auch das eine Erfahrung, die sich mit dem Erinnern dieses Tages verbinden lässt. Dazu ist als Impuls die durch einen Baum fallenden Sonnenstrahlen abgedruckt und als kurzes Gebet ist zu lesen: „ Für das Licht danke ich dir, für jeden Sonnenstrahl, den mein Antlitzsehen und spüren darf. Es ist ein wunderbares Zeichen deiner Gegenwart, deiner Schöpfungsmacht, deiner großen Herrlichkeit“ – und was jede und jeder als Gedanken in die freie Fläche auf dieser Seite schreibt, wird der 9. November 2009 bringen.

Die Losungen