Werte eines ehrbaren Kaufmanns

Finanzkrise: "Renditejagd um jeden Preis ist von Übel"

19. September 2008


Die EKD hat in ihrem Papier "Unternehmerisches Handeln in evangelischer Perspektive" auch die dramatischen Veränderungen auf den Kapitalmärkten behandelt. Matthias Böhni hat Thomas Begrich, Ökonom und EKD-Finanzleiter, dazu befragt.

Reformierte Presse: In der EKD-Denkschrift heißt es, "christliche Werte eines ehrbaren Kaufmanns" seien wichtig. Was kann er bei den Börsenbeben noch ausrichten?

Thomas Begrich: Hinterher kann er nichts mehr machen, er muss es vorher tun. Wie der alte Senator Buddenbrook in Thomas Mann Roman geraten hat, sollte er am Tag gute Geschäfte machen, aber nur solche, die ihn in der Nacht auch gut schlafen lassen. Vor allem muss er sie übersehen, verstehen und sich auch bescheiden können. Renditejagd um jeden Preis ist von Übel. Man soll niemanden über den Tisch ziehen.

Sie sprechen jene Finanzprodukte an, die so kompliziert sind, dass sie keiner versteht.

Genau. Auch die EKD wurde angefragt, ob sie in Derivate oder Hedge-Fonds investieren wolle. Wir sagten auch deshalb Nein, weil wir diese Finanzprodukte nicht genug verstehen. Manche sind wie böhmische Dörfer, die die Wirtschaft nun enorm schädigen.

Die Banken hätten sich aus ihrer Verantwortung für die Stabilität des Finanzsystems gelöst, analysiert die Denkschrift. Sind die Banken alleine schuld?

Nein. Aber die Finanzwirtschaft hat eine große Verantwortung, weil sie viel Geld sehr schnell bewegt. Eine solche Abwärtsspirale, wie wir sie nun erleben, ist schwer zu stoppen. Zehntausende Arbeitsplätze verschwinden, der Staat verliert Riesensummen. Sie und ich können keinen solchen Schaden anrichten.

Soll der Staat Banken retten oder zusehen, wie der Markt sich selber korrigiert?

Die Korrektur des Marktes kommt zu spät und entspricht der Philosophie, dass Gewinne privatisiert, Verluste vergesellschaftet werden. Aber ich habe Verständnis, dass die US-Regierung die Bank Lehman Brothers nicht gerettet hat. Denn ob eine staatliche Stützung etwas gebracht hätte, ist nicht unbedingt mit Ja zu beantworten.

Kann man diese Krise evangelisch interpretieren?

Nein, wäre ich katholisch, würde ich gleiche Schlüsse ziehen. Entscheidend ist, dass der Kaufmann schon am Anfang ehrbar ist.

Quelle: Reformierte Presse