Mehrsprachige Gottesdienste

Deutschsprachige Gemeinden öffnen sich für Menschen mit anderer Herkunft und Hautfarbe

15. September 2008


Eine erfreuliche Erwicklung in unglaublicher kurzer Zeit hätten die ehemals deutschsprachigen Kirchengemeinden im südlichen Afrika durchgemacht, fasst der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, seine ersten Beobachtungen auf der Delegationsreise des Rates durch Namibia und Südafrika zusammen. Beim gemeinsamen Gottesdienst in St. Peters im südafrikanischen Pretoria haben die Vertreter der EKD zusammen mit schwarzen und weißen Gemeindegliedern Abendmahl gefeiert. In der Gemeinden lebe in der Zwischenzeit neben der deutschsprachigen Gruppe auch eine afrikaanssprachige und eine multikulturelle, wurde den Besuchern aus Deutschland berichtet.

Zur Zeiten der Apartheid in Südafrika lebten in der Innenstadt von Pretoria, wo die Kirche der Gemeinde St. Peters liegt, überwiegend Weiße, so dass auch die damals deutschsprachige Kirchengemeinde so geprägt war. Nach 1994 sind viele Weiße in den Osten von Pretoria gezogen und in die Innenstadt kamen zunehmend Menschen anderer Hautfarbe und mit anderen Biographien und anderen Lebensumstände – die Kirchengemeinde war herausgefordert. Im Osten der Stadt, in der Nähe der deutschen Schule, entstand die neue Kirchengemeinde St. Johannes, St. Peters blieb am angestammten Ort und kümmerte sich um die veränderte Situation. Afrikaans und Englisch wurden neben Deutsch zur Sprache in der Gemeinde mitten in der Hauptstadt Südafrikas, das elf Amtssprachen hat – Deutsch ist nicht darunter. Englisch, so berichten Mitglieder des genauso mehrsprachig besetzten Kirchenvorstands, ist das verbindende Element, denn es ist für niemand in der Gemeinde Muttersprache, für viele der Gemeindeglieder sind die ursprünglichen Sprachen Afrikas Muttersprache.

Beim mehrsprachigen Gottesdienst, werden die Lieder versweise in unterschiedlichen Sprachen gesungen, die Lesungen in jeweils anderen Sprachen eingeblendet und die Predigt auf englisch gehalten – und Schwarze und Weiße stehen miteinander um den Tisch des Herrn, was vor Jahren noch undenkbar gewesen ist.

In manchen Gemeinden haben wir in der Zwischenzeit 90 bis 95 Prozent Schwarze, berichten die Pfarrerinnen und Pfarrer beim Gespräch mit der Delegation aus Deutschland – und Kornelia Schauf, selbst Pfarrerin aus Deutschland, die für neun Jahre in Südafrika arbeitet, erläutert: „Wir opfern die Muttersprache, weil wir miteinander lutherische Gottesdienste feiern wollen.“ In einer der beiden von ihr betreuten Gemeinden in Südafrika leben außer Menschen, die Deutsch, Englisch, Afrikaans sprechen auch Menschen, die aus skandinavischen Ländern stammen.

Dabei ist im südlichen Afrika keine Kirchengemeinde wie die andere. Natürlich gibt es noch Gemeinden, in denen vornehmlich Deutsch oder nur Afrikaans gesprochen wird. Natürlich treffen sich auch in den gemischt-sprachigen Gemeinden Gruppen, um die eigene Sprache untereinander zu sprechen – aber die Vielfalt Südafrikas spiegelt sich in den Kirchengemeinden und das Miteinander der Menschen unterschiedlicher Hautfarbe wird in vielen Kirchengemeinden der ehemals deutschsprachigen lutherischen Kirche gelebt.

Bischof Dieter Lilje, Bischof dieser lutherischen Kirche, erinnert an die Kritik, die häufig aus Deutschland zu hören gewesen sei. Sie sei nicht immer willkommen gewesen, weiß er wohl, aber für die Entwicklung der Kirche nach der Abschaffung des Apartheid-Systems sei sie wichtig gewesen. Genauso wie die Pfarrerinnen und Pfarrer aus Deutschland: „Sie bringen den anderen Blick mit und werden dann ein Teil von uns.“ Schwarze in den eigenen Kirchengemeinden seien heute genauso selbstverständlich wie enge Zusammenarbeit und gute Gespräche mit der viel größeren lutherischen Schwesterkirche Südafrikas, in der vornehmlich Schwarze Mitglieder sind. Ziel ist die Einheit der lutherischen Kirchen im Südlichen Afrikas und erste Schritte sind weiße und schwarze Bischöfe miteinander gegangen.