Vom Weltladen zum Discounter

Der faire Handel mit Produkten aus Entwicklungsländern boomt

11. September 2008


Auf dem gelben Schild steht "Karibuni". Das ist Suaheli - und bedeutet "Willkommen". Wer daran vorbeigeht und das kleine Geschäft am Rand der Paderborner Innenstadt betritt, sieht liebevoll gestaltete Regale: Vasen aus Kenia, Aschenbecher aus Guatemala und Räuberstäbchen aus Indien. "Den Weltladen gibt es seit 25 Jahren", sagt Verkäuferin Dorothee Schrot (59). Und die 14 Frauen, die ihn heute ehrenamtlich betreiben, machen auch wieder mit bei der bundesweiten Fairen Woche. Die Werbeaktion dauert zwei Wochen, vom 15. bis 28. September.

"Wir veranstalten ein Kaffeekränzchen rund um das Paderborner Rathaus", sagt Schrot, die gerade Ladendienst hat. Die Weltläden - etwa 800 gibt es noch im Bundesgebiet - sind die Wurzeln des fairen Handels. Hier kamen einst Linke, Ökologen, rüstige Rentner und engagierte Hausfrauen zusammen, um dafür zu sorgen, dass Bauern in Nicaragua und anderen armen Ländern einen fairen Preis für ihre Kaffee bekamen.

Heute haben die Waren mit dem Siegel für Fairness längst die Supermärkte erobert. "Fair Trade" boomt. "Im vergangenen Jahr ist der Absatz von fair gehandelten Produkten um 33 Prozent auf 24.000 Tonnen gestiegen", sagt Claudia Brück, Sprecher der Siegel-Initiative Transfair. Der Umsatz in Deutschland lag bei 142 Millionen Euro, 32 Millionen mehr als im Vorjahr.

In den Regalen der Discounter Lidl und Penny stehen fair gehandelter Kaffee, Tee, Honig und Orangensaft. Begriffe, die früher Eine-Welt-Aktivisten vorbehalten waren, gehen Discount-Managern heute ohne Stottern über die Lippen. "Nachhaltigkeit spielt für uns zunehmend eine wichtige Rolle", sagt Andreas Krämer, stellvertretender Sprecher der REWE-Group, zu der Penny gehört. Die 2.000 Penny-Märkte in Deutschland führten alle ein breites Fair-Trade-Sortiment. "Das gehört zur sozialen Verantwortung", sagt Krämer.

Petra Trabert, Sprecherin der Handelskette Lidl, betont: "Wir sind stolz auf unsere Fair-Trade-Produkte." Die vertreibt der Discounter unter der Eigenmarke "Fairglobe". "Damit haben wir auf Kundenwünsche reagiert", erläutert Trabert. Besonders faire Bananen gingen derzeit gut. Die Faire Woche setzt sich mit diesem Trend zum Discount auseinander. In Berlin soll mit Vertretern von Tchibo, Lidl, Edeka und Karstadt diskutiert werden, "wie Händler faire Produkte zur Profilierung des eigenen Sortiments einsetzen".

"Den Produzenten ist es egal, wo ihre Waren verkauft werden", sagt Transfair-Sprecherin Brück. Die Kleinbauern und Genossenschaftler in Afrika, Asien und Lateinamerika wollten vor allem Einkommen erzielen. Heute werden 70 Prozent des Umsatzes mit dem fairen Handel in Lebensmittelgeschäften, Supermärkten und Discountern erzielt. Nur noch 20 Prozent in Welt- oder Naturkostläden. Der Rest in Kantinen und Gastronomie.

Dorothee Schrot findet diesen Siegeszug durch die Supermärkte auch gut. "Wir wollten immer, dass viel verkauft wird." Trotzdem seien die Weltläden weiter wichtig - weil sie ein größeres Sortiment haben. "Wir haben uns auch kürzlich professionell beraten lassen", erzählt die Mutter von vier erwachsenen Kindern.

Fachleute vom Fairhandelshaus Gepa haben erklärt, wie man die Waren bestmöglich anordnet. "Kaffee, Tee und Honig kommen jetzt immer nach hinten ins Geschäft", erläutert Schrot. Denn Kaffee-Käufer sind Stammkunden - und auf dem Weg zur Biobohne aus Tansania sehen sie dann vielleicht die ansprechende Trommel aus Kenia.

Doch trotz allem Marketing geht es in den Weltläden nicht ohne Ehrenamt. Der Laden in Paderborn macht zwischen 35.000 und 50.000 Euro Umsatz im Jahr. "Damit decken wir Miete und Nebenkosten", sagt Schrot. Für Umbau und Renovierung hat die Initiative gerade 2.000 Euro Schulden gemacht. An Gewinn ist kaum zu denken, es bleibt das Gefühl, etwas Gutes zu tun. Deshalb werden sich die Frauen weiter engagieren - und ihren Kunden ein freundliches "Karibuni" wünschen. (epd)

Die „Faire Woche“

TransFair - Verein zur Förderung des Fairen Handels mit der "Dritten Welt" e.V.