Öffentliche Werbung für „Orte der Anbetung“

Während der Spiele haben die Religionen einen eigenen Treffpunkt

14. August 2008


Die beiden Olympiapfarrer im Beijing Science and Technology University Gymnasium mit der deutschen Fahne in der Hand illustriert als Bild eine Reportage über die beiden Seelsorger auf www.peking.ard.de. Die Judowettbewerbe werden zur Zeit der Aufnahme in dieser Halle ausgetragen – eine der Sportarten, in denen das deutsche Olympiateam sich zu Beginn der Spiele Medaillen ausgerechnet hat, die dann erst später, dann aber in Gold erreicht wurden. Der evangelische Olympiapfarrer Thomas Weber zusammen mit seinem katholischen Kollegen Hans-Gerd Schütt ist dabei, wenn Athleten gewinnen und verlieren. Dabei sehen sie – trotz der Flagge in der Hand – nicht den nationalistisch geprägten Vergleich im Mittelpunkt, so wichtig der bei olympischen Spielen auch sein mag. Die beiden Pfarrer stehen den Sportlerinnen und Sportlern, den Verantwortlichen und Funktionären als Gesprächspartner zur Verfügung, wenn durch Sieg und Niederlage Fragen auftauchen, die nur mit dem Blick auf Gott, vielleicht nur im Glauben zu beantworten sind – da spielen Grenzen der Nationen keine Rolle, vielleicht eher die Grenzen der Sprache.

Deshalb gibt es im Olympischen Dorf auch ein religiöses Zentrum direkt neben einem der großen Speisesäle. Für die unterschiedliche Religionen sind dort klimatisierte Räume eingerichtet: Seelsorger und Gesprächspartner der Christen, der Buddhisten, der Muslime und der Taoisten stehen für Gespräche bereit. Allerdings – und dies weicht von der Praxis bei manchen anderen sportlichen Großveranstaltungen ab – sind dort nur Seelsorger aus China im Einsatz. Pekings protestantische Gemeinden haben, so weiß Thomas Weber zu berichten, mehrere Geistliche ins religiöse Zentrum entsandt. Auch wenn er nicht in dem Zentrum mitarbeiten kann, kommt er mit den Kollegen, die dort ihren Dienst tun, ins Gespräch. Die erste Überraschung – aus Pekinger Sicht – hält ihm eine Kollegin gleich bei der ersten Begegnung entgegen: Eine Broschüre über Pekinger „Orte der Anbetung“. Vorgestellt werden evangelische und katholische Kirchen, muslimische Moscheen, taoistische und buddhistische Tempel: „So eine Werbung in aller Öffentlichkeit ist vor Jahren noch undenkbar gewesen. Wir sind froh über diese Öffnung,“ schildert sie dem Kollegen aus dem fernen Land, in dem öffentliche Hinweise auf sakrale Orte selbstverständlich ist.

Die christlichen Gemeinden in China haben großen Zulauf, die Zahl der Christen in dem über Jahrzehnte maoistisch geprägten Land wächst stetig. So erfährt Thomas Weber, dass die Bibeldruckerei der protestantischen Kirche in Nanjing 50.000 zweisprachige Bibeln herstellen durfte, die kostenlos verteilt werden sollen. Auf die Frage, warum die Zahl der Christen so stetig steige, erklären die beiden Seelsorger, die zu dieser Zeit ihren Dienst im Religiösen Zentrum wahrnehmen: „Unsere Gesellschaft ist im Umbruch, frühere Strukturen sind verloren gegangen. Die Menschen in China suchen nach Werten und Halt in ihrem Leben.“ Das gelte der christliche Glaube, der lange Jahre verboten war, als interessant und modern. „Die Menschen, die zu uns kommen erwarten Trost in den zunehmenden Unsicherheiten des Lebens.“ Und die beiden Vertreter der protestantischen Gemeinde in Chinas Hauptstadt sind sich sicher: „Wir, die Pekinger Gemeinde sind jedenfalls schon jetzt Gewinner der Olympischen Spiele:“

Zeit und Raum für seelsorgerliche Gespräche mit den deutschen Sportlerinnen und Sportlern gibt es für den evangelischen Seelsorger in der olympischen Mannschaft Deutschlands trotzdem. Davon berichtet die ARD auf ihren Internetseiten, davon erzählt Thomas Weber auch bei seinen Handyinterviews „Olympia süß-sauer“, die von EKN produziert werden.