„Pfeiler der Hoffnung“

Nelson Mandela wird 90 Jahre alt

17. Juli 2008


Nelson Mandela sei wahrhaftig ein „Botschafter des Gewissens“, schreibt der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, in Anspielung auf einen an Mandela verliehenen Ehrentitel, in seiner Gratulation zum 90. Geburtstag des früheren südafrikanischen Präsidenten am 18. Juli. Als „Pfeiler der Hoffnung“ für ein neues Südafrika und in seinem Engagement im Kampf gegen HIV/Aids werde Mandela zu Recht als einer der angesehensten und beliebtesten „elder statesmen“ der Welt verehrt. „Wir sind uns der tiefen spirituellen und kulturellen Wurzeln bewusst, die Ihnen in schweren Zeiten Kraft gegeben haben“, schreibt Huber. Auch für viele junge Menschen sei Mandela ein wichtiges Vorbild. Huber weiter: „Seien Sie versichert, dass an diesem besonderen Tag unsere Gebete und Gedanken bei Ihnen sind. Wir sind entschlossen, weiter mit Ihnen den ‚Walk to Freedom’ zu gehen, um diese Welt zu einem besseren Ort für alle zu machen.“

Das Londoner Hyde-Park-Konzert zu seinen Ehren war Nelson Mandelas vielleicht letzter Auftritt vor zehntausenden Menschen: Die Menge verstummte, als die lebende Legende am 27. Juni auf die Bühne trat, auf Gehstock und Ehefrau gestützt, aber aufrecht. "Nach fast 90 Lebensjahren ist es Zeit für neue Hände, die Lasten zu schultern", sagte der Friedensnobelpreisträger mit starker Stimme. "In euren Händen" liege es jetzt, für die Freiheit aller zu kämpfen.

Nur die Hinweise seiner Frau Graça Machel zeigten, wie alt Mandela geworden ist. "Jetzt winke, Papa", sagte sie - und er tat es. Am 18. Juli feiert der frühere südafrikanische Präsident seinen 90. Geburtstag. Nur selten äußert sich Mandela noch zum aktuellen Geschehen. So nannte er die Krise in Simbabwe knapp ein "tragisches Regierungsversagen".

Lange war "Madiba", wie er ehrerbietig nach seinem Klan-Namen genannt wird, in Südafrika allgegenwärtig. Bis er an seinem 86. Geburtstag ankündigte, kürzer zu treten, erschien der Mann mit den bunten Hemden und dem spitzbübischen Humor fast täglich in den Nachrichten, ja sogar in der Werbung, wo er sowohl für die Rugby-Weltmeisterschaft und als auch für Hygiene Pate stand. Später trat er vor allem für die nach ihm benannte Stiftung ein.

Südafrika ist mit seinem Helden Mandela untrennbar verbunden: Er riskierte sein Leben für die Freiheit der Schwarzen unter der Apartheid, saß 27 Jahre im Gefängnis - und verzieh danach seinen Unterdrückern. Anders als viele andere afrikanische Staatschefs gab er nach nur einer Amtszeit 1999 den Stab an seinen Nachfolger Thabo Mbeki weiter.

In Qunu in der Provinz Ostkap, in der vor allem Angehörige des Xhosa-Volks wohnen, wird er am 18. Juli 1918 als Rolihlahla Mandela geboren. "Rolihlahla" bedeutet frei übersetzt "Unruhestifter". Den englischen Namen "Nelson" erhält er erst in der Schule. Seine Familie gehört einem Teil der Monarchie der Thembu an, der für die Beratung des Königs zuständig war.

Als junger Mann flieht Mandela vor einer arrangierten Ehe nach Johannesburg. 1944 tritt er der Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongress (ANC) bei. 1952 gründet er mit Oliver Tambo das erste Anwaltsbüro von Schwarzen im Land. Im ANC wird der Boxer Mandela schnell zu einem der zentralen Organisatoren der Widerstandskampagnen gegen die Rassentrennung und die Ausbeutung schwarzer Südafrikaner.

Als der ANC 1961 verboten wird, geht Mandela in den Untergrund und gründet den militanten ANC-Flügel "Umkhonto we Sizwe" ("Speer der Nation"). 1962 wird er - nicht zum ersten Mal - verhaftet und 1964 im Rivonia-Prozess zu lebenslanger Haft verurteilt.

18 Jahre seiner Gefangenschaft verbringt Mandela auf der berüchtigten Insel Robben Island vor Kapstadt. Obwohl keine Fotos von ihm existieren und er im Land nicht zitiert werden darf, wird Mandela schnell zum berühmtesten Gefangenen der Welt. Ende der 80er Jahre wächst der Druck im In- und Ausland auf das Regime. Mandela und die weiße Führung nehmen heimlich Gespräche auf. 1990 lässt Präsident Frederik Willem de Klerk ihn frei.

Es folgen zähe und von Gewalt überschattete Verhandlungen für ein gemeinsames Südafrika, für deren Erfolg Mandela und de Klerk 1993 den Friedensnobelpreis erhalten. Mandela gelingt es mit seiner berühmten Mischung aus Charme und Sturheit, in die erste "Regierung nationaler Einheit" sowohl rechte Weiße als auch schwarze Kriegsherren zu integrieren. Nach den ersten Wahlen 1994 wird er Präsident.

Als Rentner gibt sich Mandela nicht immer diplomatisch. Vor dem Irakkrieg nennt er US-Präsident George W. Bush einen Staatschef, "der nicht richtig denken kann und die Welt in einen Holocaust stürzen will". Mit 80 heiratet er zum dritten Mal: Die Witwe des mosambikanischen Präsidenten Samora Machel, Graça. Die Ehe mit der umstrittenen Winnie Mandela war zuvor in die Brüche gegangen.

Mandelas Wegbegleiter, der frühere anglikanische Erzbischof Desmond Tutu, hält dagegen: Alles wäre "für die Katz" gewesen ohne Mandela und seine Vermittlung, die größeres Blutvergießen am Kap verhinderten: "Er lebte das vor, was er von anderen erhoffte." Selbst ehemalige Apartheid-Hardliner schmolzen unter Mandelas Lächeln dahin, wenn er sich mit ihnen zum Kaffee traf. Als "Heiligen" sieht ihn Tutu aber nicht: "Er ist ein gewöhnlicher Mensch mit außergewöhnlichen Fähigkeiten." (mit epd)