Hans Asmussen war erster Leiter der Kirchenkanzlei

1945 bis 1949 war Schwäbisch Gmünd „Zentrum“ der evangelischen Kirche

10. Juli 2008


Damals in einem Wohnhaus in Schwäbisch Gmünd, heute in einem in den 80er Jahren erbauten Bürogebäude neben den Herrenhäuser Gärten in Hannover. Nicht nur über 50 Jahre liegen zwischen dem damals und heute, sondern auch mehr als 500 Kilometer: Für fast vier Jahre – von 1946 bis 1949 – war die Kirchenkanzlei der EKD in der Stadt zwischen Schwäbischer Alb und Welzheimer Wald im weiten Tal der Rems zu Hause. Im örtlichen Pfarrhaus des ersten Leiters der Kirchenkanzlei, Hans Asmussen, war die Kanzlei als Geschäftsstelle des Rates untergebracht. Der  Theologe war auch Mitglied des obersten Leitungsgremiums der EKD, dessen Vorsitzende der württembergische Landesbischof Theophil Wurm war.

Gleich nach dem Ende des zweiten Weltkriegs hat der württembergische Bischof mit dem „kirchlichen Einigungswerk“ versucht, alle Landeskirchen und damit auch die untereinander zerstrittenen Flügel der Bekennenden Kirche zusammenzurufen. Im August 1945 wurde im hessischen Treysa ein zwölfköpfiger Rat gewählt, der einen Weg für die evangelische Kirche in Deutschland finden sollte. Vorsitzender war Bischof Wurm, sein Stellvertreter war Martin Niemöller und auch Hans Asmussen gehörte dem Rat an. Asmussen hatte während der nationalsozialistischen Herrschaft auf sich aufmerksam gemacht: Schon vor dem Entstehen der Bekennenden Kirche, die sich gegen die Übermacht der Deutschen Christen und damit der nationalsozialistischen Kirchenpolitik wehrte, gehörte er zu den Autoren des 1933 veröffentlichten „Worts und Bekenntnisses Altonaer Pastoren in der Not und Verwirrung des öffentlichen Lebens“. Kurz darauf verlor er seine Pfarrstelle in Altona. Bei der Barmer Bekenntnissynode im Mai 1934 war es seine Interpretation der Theologischen Thesen, die es auch den Lutheranern ermöglichte, diesem für viele zum Bekenntnis des 20. Jahrhunderts gewordenen aktuellen Wort zuzustimmen.

Bei der Gründung der EKD standen unterschiedliche, zum Teil gegensätzliche Modelle zur Diskussion. Martin Niemöller unterstützte das Modell der Bruderräte, die sich in der Bekennenden Kirche gebildet hatten, der bayerische Landesbischof Hans Meiser wollte eher eine einheitlich lutherische Kirche. Theophil Wurm machte den Vorschlag einer Kirchengemeinschaft, in der bekenntnisverschiedene Kirchen eine Heimat finden konnten. Der Kirchenhistoriker Joachim Mehlhausen bezeichnete die damals begründete Evangelische Kirche in Deutschland später als Konfliktgemeinschaft: „Das Wort Konfliktgemeinschaft bringt zum Ausdruck: Man muss auf Schritt und Tritt damit rechnen, dass grundsätzlicher Streit innerhalb dieser Gemeinschaft aufbrechen kann.“

Auf seiner ersten Sitzung beschloss der Rat der EKD: „Die Leitung der Kirchenkanzlei wird Asmussen übertragen. Ein fester Sitz für die Kanzlei kann noch nicht in Aussicht genommen werden“ – so hat alles angefangen. Und weil Hans Asmussen als Pfarrer in Schwäbisch Gmünd amtierte, kam die Kirchenkanzlei eben dort hin.

Lang war der schleswig-holsteinische Theologe nicht in diesem Amt. Die Gründe, warum er schon 1948 aus dem Amt ausschied, sind wahrscheinlich vielfältig, zumindest war Asmussen durch seine Persönlichkeitsstruktur, seine Entwicklung im theologischen Denken und seine eher unsystematische Büroleitung nicht unumstritten. In der Einleitung zum ersten Band der EKD-Ratsprotokolle schreibt Wolf-Dieter Hauschild, dass Asmussens „Amtsführung alsbald dazu beitrug, dass die Arbeit der EKD ohne den gewünschten Einfluss auf die Realitäten in den Landeskirchen und Gemeinden blieb“. Asmussen wurde bald nach seinem Ausschied aus dem Amt Propst in Kiel.

Damit war auch die Begründung, dass die Kirchenkanzlei in Schwäbisch Gmünd sein kann, hinfällig – 1949 zog sie nach Hannover um. Allerdings noch nicht in das Haus bei den Herrenhäuser Gärten.

Am 11. Juli wird in Schwäbisch Gmünd eine Tafel enthüllt, die an die Anfänge erinnert: „In den Jahren 1945-1949 befand sich in Schwäbisch Gmünd die Kanzlei der Evangelischen Kirche in Deutschland. Ihr erster Leiter war D. Hans Asmussen.“

„Die Anfänge der EKD, die Kirchenkanzlei in Schwäbisch Gmünd und die EKD heute“ - Ansprache des EKD-Ratsvoritzenden zur Enthüllung der Gedenkstele für die Kirchenkanzlei der EKD