Religionsführer appellieren an G8

Anstrengungen zur Bekämpfung von Armut und Klimawandel verstärken

07. Juli 2008


Onigiri ist in Japan sehr beliebt. Die mit Algenblättern umwickelten Reisbällchen werden als Imbiss zwischen den Mahlzeiten gegessen – gerne auch unterwegs. Ausländische Gäste sehen sich dabei vor der Herausforderung, die Köstlichkeit so auszuwickeln, dass nicht alles auseinanderfällt. Zunächst öffnet man die äußere Plastikhülle, dann müssen vorsichtig zwei weitere Plastikfolien zwischen dem grünen Algenblatt und der Reisfüllung herausgezogen werden. Und dann kann genossen werden – zurück bleibt eine beträchtliche Menge Verpackungsmüll. Japan ist in diesen Tagen Gastgeber des diesjährigen G8-Gipfels Umweltschutz ist dabei ein wichtiges Thema.

Im Vorfeld des G8-Gipfels hat sich eine Konferenz internationaler Religionsführer im nordjapanischen Sapporo getroffen, um über die Themen Umweltschutz und Klimawandel, Überwindung von Armut und Abrüstung zu beraten. Die 300 Teilnehmer aus über 20 Ländern waren sich darin einig, dass Religionsgemeinschaften einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der großen Herausforderungen der Zukunft leisten können. „Unsere religiösen Gemeinschaften bilden das größte Netzwerk weltweit, das in die entferntesten Ecken der Erde reicht und das unzählige Institutionen einschließt, die sich um das Wohl der Menschen kümmern“, heißt es im Abschlussdokument, dem „Ruf aus Sapporo“. Religionen teilten viele moralische Traditionen, die grundlegend für eine gerechte und harmonische Sozialordnung seien. „Diese großartigen sozialen, moralischen und spirituellen Dimensionen der Weltreligionen zugunsten des Allgemeinwohls zu mobilisieren ist entscheidend für das Wohlergehen der menschlichen Familie.“

Die Globalisierung werde häufig als das komplexe Zusammenspiel anonymer – und damit oft bedrohlich wirkender – Kräfte wahrgenommen, sagte der Ratsvorsitzende der EKD, Bischof Wolfgang Huber, bei der Eröffnung der Konferenz. Man müsse aber sehen, dass die Globalisierung von Akteuren gestaltet werde – vor allem wirtschaftlichen Akteuren. „Die Politik kann ausgleichen, steuern und gestalten.“ Allerdings geschehe das noch zu wenig, umso wichtiger seien begleitende Foren wie die Religionsführerkonferenz. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften müssten die Maßnahmen, die etwa zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Überwindung von Armut beschlossen werden, genau beobachten und deren Umsetzung aufmerksam begleiten. Auf große Zustimmung stieß Hubers Feststellung, dass die Religionen nicht Politik machen, sondern Politik möglich machen wollten.

Bereits zweimal hatten sich Vertreter der Weltreligionen anlässlich der G8-Gipfel getroffen, 2006 in Moskau und 2007 auf Einladung des EKD-Ratsvorsitzenden in Köln, nachdem im Jahr 2005 eine internationale Konferenz christlicher Vertreter in England den Auftakt gebildet hatte. So war für Charles Reed von der Church of England die Frage der Nachhaltigkeit in diesem Bereich von großer Bedeutung: „Wie können wir ein längerfristig angelegtes Zukunftsprogramm erarbeiten, das wir über die kommenden drei Jahre hin verfolgen?“ James Christie, Präsident des Kanadischen Kirchenrates, unterstützte dies: „Wir brauchen Beständigkeit in dem, was wir sagen und Beharrlichkeit in dem, wie wir es sagen.“

Bei der ersten, christlichen Konferenz 2005 anlässlich des G8-Gipfels in Gleneagles waren die UN-Millenniumsziele, mit denen unter anderem die weltweite Armut bis zum Jahr 2015 um die Hälfte reduziert werden soll, ein wichtiges Thema, das auch einen Schwerpunkt in Köln 2007 bildete. In Köln hatten die versammelten Religionsführer darauf hingewiesen, dass in manchen Bereichen der Millenniumsziele die Erfüllung des bislang Zugesagten nicht ausreiche, sondern zusätzliche Anstrengungen nötig seien. In Sapporo verstärkten sie diesen Appell noch einmal. Die zunehmende Nahrungsmittelkrise verschärfe den Ernst der Lage weiter. Die Religionsführer sprachen sich für eine Reduzierung der Militärausgaben aus: „Wir fordern, dass die Gelder, die durch eine solche Reduzierung der Militärausgaben eingespart werden, für nachhaltige Entwicklung und die Überwindung von Armut eingesetzt werden.“

Er hoffe, dass sich dieses Bemühen zur Überwindung der Armut und die Bewahrung der Schöpfung auch im Blick auf die kommenden G8-Gipfel in Italien und Kanada fortsetzen werde, erklärte der EKD-Ratsvorsitzende zum Abschluss der Konferenz. Die Tage in Sapporo hätten jedenfalls gezeigt, dass die Vertreter der verschiedenen Religionen gemeinsam Verantwortung für die Gestaltung einer gerechten und solidarischen Zukunft übernehmen.

Ruf aus Sapporo

Ruf aus Köln