Aus 70 Ländern zusammengekommen – deutsche Pfarrer

Erste Gesamtkonferenz deutschsprachiger Pfarrer im Ausland

03. Juli 2008


Da ist nichts Überraschendes an den Menschen, die sich in der Französischen Friedrichstadtkirche auf dem Berliner Gendarmenmarkt zu einem dreitägigen Kongress getroffen haben: Sie sind alle Pfarrerinnen und Pfarrer. Wer die Namen auf den kleinen Schilder an den Revers, den Hemden und den Blusen liest, entdeckt nichts besonderes – so heißen Menschen in Deutschland: Krohmer, Bauer, Kruse oder auch Wassermann. Doch überraschend ist, wo die Pfarrerinnen und Pfarrer her gekommen sind, um über ihre Arbeit in Berlin zu beraten: New York, Addis Abeba, Jerusalem, London, Bangkok oder auch Montevideo. Die gesamte Welt hat sich versammelt: 94 von der EKD in deutschsprachige Pfarrämter entsandte Theologinnen und Theologen.

Die erste Gesamtkonferenz der deutschsprachigen Pfarrerinnen und Pfarrer im Ausland hat sie aus allen Kontinenten zusammengeführt und sie bringen unterschiedliche Erfahrungen mit. Sie seien Botschafter, so grüßt der Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte: Botschafter an Christi statt, wie der Apostel Paulus alle Christen bezeichnet hat, aber auch Botschafter der EKD im jeweils kirchlichen Umfeld ihres Gastgeberlandes und letztendlich auch Botschafter im nicht politischen Sinne für die Bundesrepublik Deutschland und die deutsche Kultur. Insgesamt an 106 Orten in über 70 Ländern betreuen diese Pfarrerinnen und Pfarrer Gemeinden, die sich im Bewusstsein des protestantischen Glaubens und durch das heimatliche Gefühl der deutschen Muttersprache gesammelt haben. Einige der Gemeinden – etwa die in Stockholm – sind weit über 200 Jahre alt, manche sind nur wenige Jahre alt und die Planung neuer Gemeinden – etwa in Abu Dhabi – ist geplant.

In den Gemeinden sammeln sich Menschen mit deutscher Muttersprache und doch sehr unterschiedlicher Geschichte. Martin Gossens von der Gemeinde in Addis Abeba (Äthiopien) erzählt, dass er, der für sechs Jahre in das afrikanische Land entsandt ist, zu denen gehört, die länger dort sind. Die meisten, die Anschluss zur Gemeinde in Addis Abeba suchen, sind auf – relativ kurze Zeit dort: geschickt von Entwicklungshilfeorganisationen, staatlichen Institutionen oder Unternehmen, die in Afrika eine wirtschaftliche Zukunft suchen. Das sei in seiner Gemeinde anders, ergänzt Edzard Siuts: In Bogota (Kolumbien) leben Menschen, die in den letzten Jahrzehnten nach Lateinamerika ausgewandert sind und sich dort eine neue Zukunft suchen. Die erste Generation hänge an der deutschen Sprache und der Möglichkeit, in der eigenen Sprache beten – die nachfolgenden Generationen tendieren dann schon zu den Gemeinden und dem Leben, das eher in Spanisch stattfindet und nehmen nur noch punktuell am Leben der deutschsprachigen Gemeinde teil. Auch das ist eine Herausforderung, weil die Gemeinde sich nicht durch den beständigen Wechsel ändert, sondern durch das ständige Älter werden der Mitglieder.

Auf völlig andere Strukturen schaut Klaus Peter Weinhold, Pfarrer auf der Ferieninsel Mallorca: Zu denen, die regelmäßig am Gemeindeleben teilnehmen gehören unzählige Touristen, so kommen etwa 5.000 Menschen zu den beiden Gottesdiensten an Heilig Abend. Daneben gibt es auch die, die auf der Baleareninsel gestrandet sind und die zahlreichen Senioren, die ihren Ruhestand dort verbringen. So gibt es die Arbeit mit Ausgewanderten, mit in Ausland auf Zeit verschickten Deutschen, mit Touristen in allen denkbaren Mischformen in den Hauptstädten und Metropolen. Manche leben in Krisengebieten wie Klaus Peter Edinger in Harare (Simbabwe) oder das gesamte Team mit vier Pfarrern in Jerusalem (Israel/Palästina), oder auch in Gebieten, die von Naturkatastrophen berührt wurden wie Burkhard Bartel in Bangkok (Thailand).

Der Austausch über die so unterschiedlichen Erfahrungen gehört zum Kongress in Berlin, aber auch die Diskussion, wie bei unterschiedlichen Voraussetzungen der interreligiöse Dialog aussehen kann. Bundespräsident Horst Köhler kommt zu Gesprächen mit einigen der Auslandspfarrer auf ein Mittagessen vorbei – hat er doch selbst einige Jahre in der Washingtoner Gemeinde gelebt. Er hätte gern mehr Zeit mit den Auslandpfarrern gehabt, verabschiedet das Staatsoberhaupt nach einer Stunde.

Über die Frage, wie verschiedene Kulturen nebeneinander in Frieden leben können, diskutiert der Auslandsbischof mit Gesine Schwan und dem anglikanischen Pfarrer, der die englischsprachigen Christen in Berlin betreut, Reverend Christopher Jage-Bowler. Mit auf dem Podium sitzt sein Gegenüber Anne-Kathrin Kruse, sie ist deutsche Pfarrerin an der Christuskirche in London. Weil die deutschsprachige Arbeit der evangelischen Kirchen für das Bild der Deutschen im Ausland wichtig ist, sitzt Legationsrätin Heidrun Tempel vom Auswärtigen Amt mit auf dem Podium.

Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden „Theologische Grundlegung des Auftrags der Ökumene- und Auslandsarbeit der EKD“

„Perspektiven und Strategien der Ökumene und Auslandsarbeit der EKD“ – Vortrag des EKD-Auslandsbischofs beim Konvent der Auslandspfarrerinnen und -pfarrer der EKD

Vortrag von Wilhelm Hüffmeier „Theologie der Diaspora - Plädoyer für eine selbstbewusste und offensive evangelische Diaspora“

Vortrag des EKD-Kirchenamtspräsidenten Hermann Barth „Reformatorisches Profil und interreligiöser Dialog“ - Vortrag in der Französischen Friedrichstadtkirche zu Berlin als Teil des Kongresses über Herausforderungen und Chancen der Auslandsarbeit der EKD

Köhler ermuntert Kirchen zur Einmischung in den Dialog der Kulturen (epd-Meldung)

Erste Konferenz der Auslandspfarrer in Berlin (epd-Meldung)

Gesine Schwan warnt vor Parallelgesellschaften (epd-Meldung)

Die deutschsprachigen evangelischen Gemeinden im Ausland