Finnisch-deutsche Gespräche am Ratzeburger See

Zukunftsorientierte Wahrnehmung von Kirche

17. Juni 2008


Auf einer Insel über dem See thront der Dom: gewaltig, den Menschen Schutz bietend, aber auch majestätisch wirkend. Ratzeburg ist vielen Menschen historisch eher in Erinnerung für den damals dort trainierenden Deutschlandachter, als dieser noch erfolgreich auf den Regattastrecken der Welt unterwegs war. Doch in diesen Tagen ist der Dom oberhalb des Sees Treffpunkt für eine Delegation der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands (ELKF) mit Vertretern der EKD. Schauen Ruderer um vorwärts zu kommen zurück, blicken die Kirchenvertreter Finnlands und Deutschlands nach vorne, um ihre Kirchen zu verändern und für die Zukunft zu rüsten.

Unter der Leitung von Erzbischof Jukka Paarma auf finnischer Seite und dem Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, und dem stellvertretenden Ratsvorsitzenden, Landesbischof Christoph Kähler, auf der anderen Seite, berichteten und diskutierten die Delegationen die Reformanstrengungen in beiden Kirchen unterschiedlicher staatskirchenrechtlicher Prägung. Hauptpastorin Jaana Marjanen aus Kuopio berichtete über die „Strategischen Richtungsweisungen bis zum Jahr 2015, Unsere Kirchen - Teilnehmende Gemeinschaft“, wie sie in Finnland entstanden sind. Als Ziele bis 2015 sei darin unter anderem formuliert, das geistliches Leben zu verstärken, in dem die Kirche sich um ein vielseitiges und ungezwungenes Gottesdienstleben der Gemeinden voller menschlicher Wärme und geistlicher Tiefe bemühe, für die Schwachen Verantwortung zu übernehmen eine globale Verantwortung mit zu tragen, die Bedeutung der Kirchenmitgliedschaft zu stärken und die Kommunikation und die Erneuerung kirchlicher Strukturen durch Partizipation zu verstärken. Der im Kirchenamt der EKD für den Reformprozess zuständige Abteilungsleiter, Oberkirchenrat Thies Gundlach, stellte nicht nur den begonnenen Prozess in der EKD dar, der 2006 durch das Impulspapier „Kirche der Freiheit“ angestoßen wurde, sondern stellte auch weitgehende Gemeinsamkeiten in der Zukunftsorientierung beider Kirchen fest: Die Qualität kirchlichen Arbeitens, insbesondere der Pfarrerinnen und Pfarrer und der kirchlichen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden werde als zentrale Aufgabe für die Entwicklung der Kirchen angesehen.

Bei dem bilateralen Austausch zwischen der finnischen und der deutschen Kirche wurde auch gehörten auch Gespräche über die Situation ökumenischer Bünde und Zusammenschlüsse. Die EKD gehört mit ihren Gliedkirchen zur Leuenberger Kirchengemeinschaft, die EFKL zu der von Provoo. Zu den wichtigen Unterschiede der beiden Gemeinschaften reformatorischer Kirchen gehört das Amtsverständnis und die Sicht des Abendmahls. Bischof Matti Repo (Tampere) und Professorin Friederike Nüssel (Heidelberg), zeigten dien Unterschiede im Verständnis der Bischofsweihe, wie sie in der ELKF vollzogen wird, und der Einführung eines Bischofs, wie sie in den Gliedkirchen der EKD Praxis ist. Darüber hinaus wurde die unterschiedlichen Antworten auf die Frage wie das Präsens Christi in den Gaben von Brot und Wein beim Abendmahl dargestellt und diskutiert. Eine Expertengruppe soll bis zum nächsten Treffen in drei Jahren sich ausführlicher mit diesem Thema beschäftigen.

Erzbischof Paarma verlieh dem Ratsvorsitzenden Bischof Huber als Ehrenauszeichnung die Mikael Agricola-Medaille für dessen Verdienste im Geiste der finnischen Reformators Mikael Agricola (gest. 1557). Agricola hatte bei Philipp Melanchthon in Wittenberg studiert.