Der Reformator Sloweniens wird neu entdeckt

Nationalfeiertag erinnert an Primus Truber

29. Mai 2008


Von den etwa zwei Millionen Einwohnern Sloweniens sind nur rund 20.000 evangelisch. Dennoch ist der Reformationstag, der 31. Oktober, staatlicher Nationalfeiertag, die Ein-Euro-Münze aus Slowenien ziert das Porträt des evangelischen Pfarrers Primus Truber (1508–1586) und zur 500. Wiederkehr seines Geburtstages am 9. Juni gibt es eine Zwei-Euro-Sondermünze ebenfalls mit seinem Bild. Das alles kommt nicht von ungefähr: Primus Truber schuf mit seiner Bibelübersetzung die slowenische Schriftsprache und damit die Voraussetzung für eine eigenständige kulturelle Identität.

Der am 9. Juni 1508 in der Nähe des heutigen Ljubljana geborene Müllersohn wurde zunächst katholischer Priester. Mit 34 Jahren ernannte ihn die Kirche zum Domherren. Der hoch begabte Theologe hatte damit die höchste Karrierestufe eines nichtadligen Klerikers erreicht. Über dem Studium der Werke von Luther und Zwingli fand er zum evangelischen Glauben. Er wurde deshalb von der katholischen Kirche als "Abtrünniger" verfolgt und musste seine Heimat 1548 verlassen. Er floh erst in das heutige Bayern, später kam er nach Württemberg und war Gemeindepfarrer, zuletzt bis zu seinem Tod am 28. Juni 1586 in Derendingen, einem heutigen Stadtteil von Tübingen. Im Exil übersetzte Truber die Bibel und reformatorisches Schrifttum in seine Heimatsprache. Als Schöpfer der slowenischen Schriftsprache wurde er damit zum Martin Luther seiner Heimat.

Schon im bayrisch-fränkischen Rothenburg hatte Truber einen "Catechismus in der Windischen Sprach" verfasst, der sich stark an die Vorbilder von Martin Luther und Johannes Brenz anlehnte. Er wurde 1550 in Tübingen gedruckt, weil man andernorts die dazu notwendige obrigkeitliche Druckerlaubnis nicht zu erteilen wagte. Ab 1554 übersetzte Truber, mittlerweile Pfarrer in Kempten, das Matthäus-Evangelium nach der Vorlage des Luther-Textes. 1557 erschien in Slowenien bereits ein Teildruck des Neuen Testaments mit den Evangelien und der Apostelgeschichte. Während er die Herausgabe seiner Bücher auch in kroatischer Sprache vorbereitete, wurde Truber von den Landständen als Prediger zurück nach Laibach berufen. Als die Landstände aber eine von Truber verfasste evangelische Kirchenordnung in Kraft setzen wollten, wies ihn Erzherzog Karl aus. 1565 kam er nach Württemberg zurück.

Hier widmete er sich bis zu seinem Tod Übersetzungen: 1566 erschien eine slowenische Übersetzung des Psalters, 1582 lag das gesamte Neue Testament in dieser Sprache vor, 1567 auch ein slowenisches Gesangbuch. Es folgten die Übersetzung der Bibel auch ins Kroatische, ferner Lieder, Traktate, Kirchenordnungen und Postillen. Gedruckt wurde fast alles in einer neu gegründeten Bibelanstalt im schwäbischen Urach - aus ihr kam nahezu die gesamte protestantische Literatur des 16. Jahrhunderts in kroatischer Sprache.

Damals wurde Kroatisch überall auf dem Balkan gesprochen und verstanden. Truber ist es zuzuschreiben, dass Kroaten und Slowenen als einzige im einstigen Jugoslawien in der lateinischen Schrift schreiben. Sowohl in Kroatien wie in Slowenien gibt es noch evangelische Gemeinden, die die Stürme der Gegenreformation überlebt haben. Sie sind klein, aber aktiv. In seiner Heimat wird Primus Truber heute als "Vater der slowenischen Literatur und Kultur" verehrt.

Primus Truber