Ein Gerechter unter den Völkern

Vor 100 Jahren wurde der "Judenretter" Oskar Schindler geboren

25. April 2008


Steven Spielbergs Film "Schindlers Liste" machte ihn weltbekannt: Oskar Schindler - Unternehmer, Geheimdienstagent, Frauenheld und Pleitier, der während des Zweiten Weltkriegs mehr als 1.200 Juden vor dem Tod im Vernichtungslager bewahrte. Vor 100 Jahren, am 28. April 1908, wurde Schindler in Zwittau, dem heutigen Svitavy in Tschechien, geboren.

Die Eltern, Hans und Franziska Schindler, waren Kleinunternehmer, bürgerlich, gut katholisch. In der Iglauer Straße, in der die Familie wohnt, lebt auch der Zwittauer Rabbiner. Ganz selbstverständlich wächst Oskar Schindler hier mit jüdischen Freunden und Spielkameraden auf. Mit 16 Jahren fliegt er vom Gymnasium: Er soll Zeugnisse gefälscht haben. Schindler steigt in den väterlichen Betrieb ein und heiratet 1928 Emilie Pelzl. "Mily", so nennt Schindler seine Frau, bringt 100.000 Kronen Mitgift mit. Er kauft sich ein luxuriöses Auto davon und verplempert den Rest.

Immer mehr erweist sich Oskar Schindler als Abenteurer. Wie in einem Groschenroman hat er eine Affäre mit einer blonden Schönheit, die ihn für den deutschen Geheimdienst anwirbt. Er wird Mitglied der pro-nationalsozialistischen Partei Konrad Henleins, der späteren Sudetendeutschen Partei. 1936 ziehen die Schindlers nach Mährisch-Ostrau (heute: Ostrava). Schindler arbeitet für das Amt Ausland/Abwehr unter Wilhelm Canaris in der deutschen Spionageabwehr. 1939 verhaftet ihn die tschechische Polizei, Schindler wird zum Tode verurteilt. Nur der Einmarsch deutscher Truppen in die "Rest-Tschechei" verhindert seine Hinrichtung.

Noch vor dem Krieg tritt Schindler in die NSDAP ein. Parteimitgliedschaft und Geheimdienstkontakte nutzt er vor allem für Geschäfte: Als er im Oktober 1939 im polnischen Krakau die bankrotte Emaillewarenfabrik "Rekord" erwirbt, entgeht er damit auch der Gefahr, selbst zur Wehrmacht eingezogen zu werden. In "DEF" (Deutsche Emailwaren-Fabrik) umbenannt, stellt die Firma nun Geschirr für die deutschen Truppen her, verdient ausgezeichnet und wächst rasant - mit immer mehr jüdischen Zwangsarbeitern.

Doch je länger der Krieg dauert, desto mehr wandelt sich der Kriegsgewinnler und Opportunist Schindler zu einem Beschützer "seiner" Juden. Er pflegt Kontakte zu Wehrmacht und SS, besticht, feilscht, kauft frei. Seine Frau Emilie scheint im Hintergrund eine bedeutende Rolle gespielt zu haben: Als die Rote Armee vorrückt und das Lager bei Krakau aufgelöst werden soll, ist sie es, die die Genehmigung für die Verlegung ihres "kriegswichtigen" Rüstungsbetriebs samt Zwangsarbeiterlager ins heutige Brnenec in Tschechien bekommt.

Jetzt wird jene berühmte "Liste" geschrieben, die die Krakauer Schindler-Juden vor dem Tod rettet: Schindler erfasst alle jüdischen Arbeiter in Personallisten und kann sie mit Brnenec nehmen. Er und seine Frau bewahren damit mehr als 1.200 Menschen vor der Deportation in Vernichtungslager.

Nach Kriegsende übergeben die "Schindler-Juden" ihm einen aus Zahngold gefertigten Ring, in den ein Talmudspruch eingraviert ist: "Wer auch nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt." Emilie und Oskar Schindler fliehen vor der anrückenden Roten Armee. Später wird sich Schindler immer wieder als "Beutegermane" bezeichnen, der zur "Millionen-Armee der Heimatvertriebenen" gehört.

Sie stranden zunächst in Regensburg, doch Schindler fasst nicht wieder Fuß. 1949 wandert er nach Argentinien aus. An Bord ist nicht nur seine Frau, sondern auch eine Geliebte. Schindler kauft eine Farm und baut eine Nutria-Pelzzucht auf. Das Projekt scheitert. 1957 geht er alleine nach Deutschland zurück, um eine Entschädigung nach dem Lastenausgleichsgesetz zu erstreiten.

Schindler bleibt in Deutschland, wo er sich - diesmal in der Baubranche - erneut erfolglos als Unternehmer versucht. Wirtschaftliche Sorgen prägen zunehmend sein Leben. 1963 initiieren die von ihm geretteten Juden einen Fonds zu seiner Unterstützung. 1967 wird Oskar Schindler von der Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem als "Gerechter unter den Völkern" geehrt und erhält einen Baum in der "Allee der Gerechten".

Er stirbt am 9. Oktober 1974 in Hildesheim und erhält zwei Trauerfeiern, eine evangelische und drei Tage später eine katholische. Beigesetzt wird er, wie er es sich gewünscht hatte, auf dem Franziskaner-Friedhof in Jerusalem. "Der unvergessliche Lebensretter 1.200 verfolgter Juden" steht auf deutsch auf seinem Grabstein. Und auf Hebräisch darunter "Chasid Umot Ha'olam - ein Gerechter unter den Völkern".


Schindlers Liste“ war Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit

Begründung der Jury

Film „Schindler’s Liste“ (englischsprachig)

„Das Vierte“ zeigt am Samstag, 26. April, 20.15 Uhr, den Film „Schindlers Liste“