Land der vielen Kulturen sucht Weg aus der Gewalt

Weltgebetstag der Frauen stellt Guyana in den Mittelpunkt

03. März 2008


Als Sozialarbeiterin ist Waveney Benjamin oft in den Süden Guyanas gereist: "Wir haben Mütterberatung bei den Ureinwohnern gemacht." Für sie als Küstenbewohnerin sei die Arbeit auch wegen des Klimas anstrengend gewesen, erinnert sie sich. Hygiene und Ernährungslehre waren wichtige Lehrinhalte, die sie im Auftrag der anglikanischen Kirche unterrichtete. Die Sozialarbeit hat sie längst in jüngere Hände gelegt. Jetzt ist die Pfarrerswitwe mit ganzem Herzen Präsidentin des nationalen Komitees für den Weltgebetstag der Frauen. Der ökumenische Aktionstag stellt dieses Jahr Guyana in den Mittelpunkt und wird am 7. März begangen.

Vor allem katholische Orden sind fern der Küste unter den Ureinwohnern des südamerikanischen Landes, den sogenannten Amerindians, tätig. Die Ursulinen haben im Hinterland eine Missionsstation, wo indische Mitschwestern, Angehörige der Adivasi, mit den Ureinwohnern arbeiten. "Ich weiß, wie es ist, in der Gesellschaft wenig zu gelten", sagt eine Schwester aus Indien, die seit zwei Jahren in Guyana lebt. Die Erfahrung, selbst herabgesetzt worden zu sein, helfe ihr zum Beispiel, wenn die amerindischen Dorfbewohner von abfälligen Bemerkungen ihrer Landsleute berichteten.

Die Oberin des Ursulinen-Konvents in der Hauptstadt Georgetown, Schwester Mary Peter, ist Guyanerin chinesischer Abstammung. Weil ihre Mutter nach dem frühen Tod des Vaters mit der Kindererziehung überfordert war, wuchs sie bei den katholischen Schwestern auf. Heute leitet die 70-Jährige ein Mädchenwaisenhaus in Georgetown.

Einige der 70 Mädchen sind Waisen, andere wurden von den Behörden eingewiesen, erklärt Mary Peter, die in Großbritannien Mathematik studiert und bis zu ihrer Pensionierung an höheren Schulen in verschiedenen Ländern gelehrt hat. "Viele Mädchen haben schreckliche Gewalt erlebt und sind tief verstört." Mit viel Liebe und noch mehr Geduld versuchen die Schwestern und Betreuerinnen, den Kindern ein Heim zu schaffen. "Das ist manchmal nur mit Gottes Hilfe zu schaffen", sagt sie.

Häusliche Gewalt ist ein großes Problem in Guyana. "Das hat mit dem Machismo in der karibischen Kultur zu tun", erklärt Deborah Bakker. Die Oppositionspolitikerin und Anwältin hat sich auf Familienrecht spezialisiert. "Unsere Gesellschaft, die glaubt, dass echte Männer gewaltbereit sind und 'gute' Mädchen sich die Gewalt gefallen lassen, muss sich schleunigst ändern, sonst können wir unsere blutige Vergangenheit nie bewältigen."

Die ethnisch motivierten Auseinandersetzungen zwischen den indisch-stämmigen und den afrikanisch-stämmigen Bewohnern haben eine lange Geschichte. Die Malerin und Essayistin Bernadette Indira Persaud verarbeitet sie in ihren leuchtend bunten Bildern und malt und schreibt gegen den Hass. Dabei stellt sie nicht nur grausame Szenen dar.

In den verschiedenen Religionen der Bevölkerung Guyanas versucht die Kunstprofessorin das Heilende und Verbindende zu finden. "Nie hatten wir Auseinandersetzungen aus religiösen Gründen", erklärt sie. "Wir könnten also das Versöhnende im Christentum, im Hinduismus, im Islam oder in den Naturreligionen einsetzen, um unser Land zu befrieden, die Schmerzen zu lindern und Hoffnung für die Zukunft schaffen."

Für die Christinnen des Weltgebetstages steht fest, dass ohne Gottes Hilfe Guyana dem Teufelskreis der Gewalt und Gegengewalt nicht entfliehen kann. Am 7. März werden sie zusammen mit Menschen in 170 Ländern weltweit dafür beten.