Ökumenisch weltoffen und der Tradition verpflichtet

Die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands besteht seit 60 Jahren

29. Februar 2008


Unter den rund 25 Millionen Protestanten in Deutschland gibt es rund zehn Millionen Lutheraner. Vor 60 Jahren, am 8. Juli 1948, schlossen sich die meisten deutschen lutherischen Landeskirchen nach einem im 19. Jahrhundert begonnenen Einigungsprozess in der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zusammen. Dem Bund gehören heute Bayern, Braunschweig, Hannover, Mecklenburg, Nordelbien, Sachsen, Schaumburg-Lippe und Thüringen an. In einem Festgottesdienst am Sonntag (2. März) erinnern die lutherischen Bischöfe in der Schlosskirche zu Wittenberg an die Gründung der VELKD vor sechs Jahrzehnten.

Das Luthertum, entstanden aus der Reformbewegung der spätmittelalterlichen Kirche, hat über Jahrhunderte das soziale, kulturelle und geistige Leben Deutschlands und Europas geprägt. Als typisch lutherisch gilt die Verbindung ökumenischen Engagements mit pragmatischer "Weltfrömmigkeit". Die Lutheraner sind auch bekannt für ihre ansprechenden Gottesdienste mit einer ausgeprägten Liturgie sowie für ihre großartige kirchenmusikalische Tradition.

Die lutherischen Kirchen stehen für eine gelebte Ökumene. So bot der Leitende VELKD-Bischof, der bayerische Landesbischof Johannes Friedrich, dem im Februar neu gewählten neuen Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, die Fortführung der bewährten Zusammenarbeit an. Seinen Vorgänger, Kardinal Karl Lehmann, würdigte der Catholica-Beauftragte der VELKD, Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel) als kenntnisreichen Vermittler zwischen Katholiken und Lutheranern.

Zur lutherischen Traditionspflege bietet die VELKD eine vielfältige kirchliche Infrastruktur mit Seminaren und theologischen Instituten an. Im Rahmen der Strukturreform innerhalb der evangelischen Kirche wurde das Lutherische Kirchenamt in Hannover im vergangenen Jahr mit einer eigenen Amtsstelle im Kirchenamt der EKD angesiedelt. Dadurch soll Doppelarbeit vermieden und die verwirrenden und komplexen Strukturen in der evangelischen Kirche etwas vereinfacht werden.

Die VELKD besteht aber weiterhin als Kirche im theologischen und rechtlichen Sinne, wird von lutherischer Seite betont: "Für die VELKD und ihre Gliedkirchen ist die Zusammengehörigkeit in der lutherischen Weltfamilie ein wichtiger und unaufgebbarer Baustein ihrer Teilnahme an der weltumspannenden Ökumene." Die VELKD gestaltet daher weiterhin eigenständig ökumenische Beziehungen und führt bi- und multilaterale Dialoge und Lehrgespräche.

Ein Beispiel für solche Dialoge zwischen Lutheranern und Katholiken ist die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 in Augsburg zwischen dem Lutherischen Weltbund und dem Vatikan. Der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats, Kardinal Walter Kasper, betont, seit der Verabschiedung des Papiers hätten die ökumenischen Beziehungen eine "neue Qualität und Intensität" erreicht.

Am Reformationstag 1999 hatten der Vatikan und der rund 68 Millionen Christen zählende Lutherische Weltbund die Gemeinsame Erklärung in Augsburg verabschiedet und damit einen alten theologischen Streit beendet. Martin Luthers Lehre von der Rechtfertigung des Menschen vor Gott löste Anfang des 16. Jahrhunderts die Kirchenspaltung in Europa aus. Sie besagt, dass sich der Mensch das Seelenheil nicht verdienen kann, sondern aus Gottes Gnade geschenkt bekommt. Heute herrscht zwischen Katholiken und Protestanten weitgehend Einigkeit über Luthers Kernthese, auch wenn dies bislang keine wirklichen Fortschritte in der ökumenischen Praxis gebracht hat.

In der Ökumene haben sich VELKD-Vertreter jedoch seitdem immer wieder als Brückenbauer zwischen den römisch-katholischen, orthodoxen, anglikanischen und altkatholischen Kirchen auf der einen sowie den reformierten, methodistischen und baptistischen auf der anderen Seite bewährt. Diese "katholische Weite und evangelische Konzentration" verdanke sie dem Erbe Martin Luthers, heißt es. Der Reformator dagegen schrieb am Ende seines Lebens bescheiden: Man solle seines "Namens geschweigen und sich nicht lutherisch, sondern Christen heißen".

Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD)