Basteln mit kleinen Patienten

Frauen der deutschsprachigen evangelischen Gemeinde in Moskau betreuen ein Kinderkrankenhaus

14. Januar 2008


Mit einem freundlichen "Sdrawstvujte" – Seien Sie gegrüßt - und einem Lächeln im Gesicht begrüßen Krankenschwestern und Angehörige im Moskauer Kinderkrankenhaus am Leninski Prospekt die Frauen aus der deutschsprachigen evangelischen Emmausgemeinde in Moskau. Es ist Montag gegen 16 Uhr, Zeit für den wöchentlichen Besuchsdienst.

"Wir sind mittlerweile bekannt", erklärt Galina Amling. Sie und die anderen deutschen Frauen werden schon sehnsüchtig erwartet. Der Besuchsdienst begann, als viele Kinder nach dem Erdbeben in Armenien 1986 nach Moskau gebracht wurden. Damals fragte Frauke Hartmann bei den Stationen, ob sie helfen könne. Zusammen mit anderen Gemeindemitgliedern besuchte sie regelmäßig die Kinder auf der orthopädischen Station, die ihnen teilweise monatelang Zuhause war.

Als Hartmann Moskau verließ, setzte Galina Amling, die Ehefrau eines deutschen Pfarrers, zusammen mit Valentina Bauer den Besuchsdienst fort. "Es wäre schade, wenn jahrelang jemand da war und dann nichts mehr passiert", sagt sie. Die fünf Frauen, die diesmal ins Kinderkrankenhaus gekommen sind, teilen sich auf der Station auf. Drei von ihnen besuchen die Kinder auf den Zimmern.

Kleine Schokoladentäfelchen helfen ihnen bei der Kontaktaufnahme. Immer wenn Valentina Bauer ins Kinderkrankenhaus kommt, schaut sie zuerst, ob ihr Sorgenkind da ist. Als sie das Zimmer betritt, schläft Anton noch. Das Hosenbein, das ein wenig hoch gerutscht ist, zeigt seine Wunde. Vor zwei Jahren war der 16-Jährige von einem Lastwagen angefahren worden. Acht Monate musste er im Krankenhaus liegen.

"Wir haben hier fast gewohnt", sagt seine Mutter Ludmilla. Trotz einer erfolgreichen Eigenhauttransplantation muss Anton immer wieder für einige Wochen ins Krankenhaus. Vor allem die Mutter ist dankbar für die Hilfe der deutschen Frauen. Es habe ihr geholfen, mit jemandem zu sprechen. Sie freut sich auf die regelmäßigen Besuche, die ein wenig Abwechslung in den tristen Krankenhausaufenthalt bringen: "Kinder und Erwachsene warten auf die Frauen wie auf Santa Claus", sagt sie.

Vor dem Besuch treffen sich die Frauen immer bei Galina Amling im deutschen Dorf. Bei Kaffee, Tee und Kuchen besprechen sie den Nachmittag, wer die Patienten und Angehörigen auf den Zimmern besucht und wer mit den Kindern in der Stationsküche bastelt. Auch anstehende Großprojekte werden diskutiert.

Welche Familie braucht finanzielle Unterstützung beim Kauf der Medikamente oder woher bekommen wir eine Waschmaschine? Das sind Fragen, auf die die Frauen gemeinsam eine Lösung suchen. Wenn sie beisammensitzen, ist aber auch Zeit, an das zu denken, was sie schon erreicht haben, zum Beispiel den Umbau der Station.

Seit einem halben Jahr begleitet Bettina Hörsch-Marx den Besuchsdienst. Die Managerin kam vor 16 Jahren nach Moskau. Die Zustände haben sie nicht erschreckt: "Das Kinderkrankenhaus ist noch in Ordnung. Ich habe schon Schlimmeres gesehen", sagt sie. Während ein Teil der Frauen durch die Zimmer geht, bastelt sie in der Küche. Vorlagen für "Malen nach Zahlen", Pinsel und Farben hat sie für den Nachmittag mitgebracht.

Marina hat ihr Bild schnell fertig und verschwindet wieder in den Flur zum Fernseher: "Fernsehen ist besser, zu Hause male ich doch auch", sagt die Achtjährige. Hörsch-Marx sieht das Ziel pragmatisch: "Die Bastelstunde ist das Alternativprogramm zum Fernsehen."

Leicht gefallen ist den Frauen dieses Ehrenamt nicht immer. Vor allem als viele Opfer nach der Geiselnahme aus Beslan 2004 eingeliefert wurden, sei die Stimmung sehr angespannt gewesen. Sie hätten dann versucht, zwischen Angehörigen und Ärzten zu vermitteln. "Man muss fröhlich und optimistisch sein, weil die Leute genug eigene Probleme haben, und man sie von denen etwas ablenken will", sagt Valentina Bauer.

Von Ann-Christin Müller (epd)

Emmausgemeinde in Moskau