Zeichen der Hoffnung

„Blumen in der Wüste“

10. Dezember 2007


Blumen an unerwarteten Stellen machen Hoffnung. Der englische Bischof Nick Baines, Co-Vorsitzender der Meißen-Kommission von EKD und Church of England, erzählt in einem gerade erschienenen Buch mit Kurzandachten unter anderem davon, wie solche Blumen die Sichtweise auf die eigenen Lebensumstände ändern können:

"Wie meine Freunde bestätigen können, sind Blumen nicht mein Ding. Ich kenne mich in der Natur allgemein nicht sonderlich gut aus, doch bei Blumen versage ich völlig. Als Pflanzenkunde den Menschen zugeteilt wurde, wurde ich aus der Schlange der Bewerber herausgejätet. Vielleicht deswegen, weil ich schrecklich von Heuschnupfen geplagt werde, und meine Unkenntnisse eine Art primitiver Schutzmechanismus sind, der mich vor der Gefahr bewahren soll, Blütenblättern und Kelchblättern (… was immer das auch sein mag) zu nahe zu kommen. Egal aus welchem Grund – ich kenne mich mit Pflanzen nicht aus.

Als ich Mitte der achtziger Jahre an einem theologischen College in Bristol studierte, widmete ich meine Freitagnachmittage dem Gartenteam der Universität. Ich weiß noch, dass ich gebeten wurde, das Unkraut im alten Rosengarten vor dem Hauptgebäude zu jäten. Ich verbrachte zwei glückliche Stunden damit, Unmengen von wucherndem Grünzeug aus der Erde zu ziehen, bevor man mir sagte, dass ich gerade sämtliche Rosenpflanzen entwurzelt hatte, die man vor einer Woche mühsam eingepflanzt hatte. Dieser Rekord erfüllt mich nicht mit Stolz, und ich übertreibe auch nicht. Zwanzig Jahre lang habe ich meiner Frau Nelken geschenkt und erst vor kurzem herausgefunden, dass sie Nelken nicht ausstehen kann, aber meine Gefühle nicht verletzen wollte. Wenn ich daran denke, dass ich ihr all die Jahre genauso gut hätte Löwenzahn mitbringen können!

Ich bin einfach nicht versiert, wenn es um Flora geht – und noch nicht einmal, was Fauna betrifft.

Doch eines weiß ich: Manche Blumen wachsen nur in einer bestimmten Umgebung. Diese Tatsache wurde mir durch eine Geschichte klar, die mir ein Freund erzählte, der als Missionar gerade aus einem Dürregebiet in Afrika zurückgekehrt war, um an einer christlichen Konferenz in England teilzunehmen. Er war deprimiert und ausgelaugt, und das Letzte, was er tun wollte, war, eine solche Versammlung zu besuchen. Doch dann betrat ein Redner die Bühne und begann seine Ansprache mit den folgenden Worten:

Es gibt Blumen, die wachsen nur in der Wüste. Wenn Sie in der Wüste sind, ist es sinnlos, Blumen zu suchen, die nur in fruchtbaren Gegenden wachsen. Dann werden Sie ständig enttäuscht werden. Doch wenn Sie die einzigartigen Blumen suchen, die nur in der Wüste gedeihen, in der Sie sich befinden, so werden Sie reich belohnt.

Das änderte die Sicht meines Freundes. Es war sinnlos, sich ständig zu wünschen, das Leben wäre besser oder leichter. Er befand sich in einer Wüste und hatte die Wahl, entweder immer gefrusteter darüber zu werden, dass er nicht woanders war, oder zu versuchen, die Welt anders zu sehen. Er wählte Letzteres und kehrte wie umgewandelt nach Afrika zurück. Seine Lebensumstände hatten sich zwar nicht verändert, aber er war verändert.

Ich glaube, so ist es auch mit Gott. Es gibt Erfahrungen mit Gott und Erkenntnisse über ihn, die an jenen Orten, wo das Leben vollkommen harmonisch verläuft, nicht möglich sind. Manchmal, wenn wir alle Sicherheiten und trügerischen Annehmlichkeiten eines bequemen Lebens entbehren, begegnen wir Gott in dieser unwirtlichen Gegend, in der er einfach nur langsam an unserer Seite geht.

Auch wenn die Vorstellung etwas ungewöhnlich erscheint, kann es sehr wertvoll sein, die Linse auszuwechseln, durch die ich meine Lebensumstände betrachte. Schließlich geht es beim Beten hauptsächlich darum, mich in meinen Lebensumständen zu ändern, und nicht darum, mich aus ihnen auszuklinken. Es geht darum, die Welt und meine Situation durch Gottes Augen zu sehen, und dadurch anders auf sie zu reagieren. Im Rhythmus der Jahreszeiten werde ich die Dinge suchen, die ich sonst verpassen könnte. Ich werde den Winter für das, was er ist, genießen, und nicht für das, was er nicht ist. Und ich werde wieder einmal überlegen, wie es mir helfen kann, über mein Inneres nachzudenken, indem ich über meinen Horizont hinausblicke."

Weitere Texte von Nick Baines sind zu finden im gerade auf Deutsch erschienenen Buch „Am Rande bemerkt. Alltägliche Begegnungen mit Gott“, Lutherisches Verlagshaus, Hannover, Vorwort von Dr. Petra Bahr, ISBN 978-3-7859-0969-0, 144 Seiten, 12,90 €