Astrid Lindgren im Religionsunterricht

Christliche Motive bei Pippi, Ronja und Michel

12. November 2007


Astrid Lindgren hatte immer ein kritisches Verhältnis zur Kirche. Dennoch finden sich in ihren Kinderbüchern viele christliche Motive, theologische Fragen und Bibelworte. Jetzt soll sie Thema im Religionsunterricht werden. Die nordelbische evangelische Kirche hat den 100. Geburtstag der schwedischen Kinderbuchautorin (14. November) zum Anlass genommen, ein Unterrichtsprojekt zu entwickeln.

Auf die Frage, ob sie an Gott glaube, hat Astrid Lindgren einmal gesagt: "Wenn alles gut geht, denke ich nicht darüber nach." An anderer Stelle heißt es: "Ich denke an Gott, wenn ich ihn dringend brauche." Die Unbarmherzigkeit einiger Pfarrer und die Macht der schwedischen Staatskirche habe sie abgestoßen, sagt Norbert Koch, Referent im Pädagogisch-Theologischen Institut der nordelbischen Kirche. Dennoch sei ihr Menschenbild zutiefst christlich geprägt. Koch: "Sie war, wie Luther, eine stetige Sucherin."

So findet sich die Speisungsgeschichte Jesu auch bei "Michel aus Lönneberga": Als Michel sah, dass die Armenhäusler von Katthult nichts von den traditionellen Weihnachtsgaben abbekommen hatten, lud er sie kurzerhand auf den Hof ein. Seine Eltern waren nicht zu Hause und so verteilte Michel die Vorräte, die eigentlich für den Weihnachtsbesuch am nächsten Tag bestimmt waren. "Die sind schon dick genug", sagte er, als Schwester Klein-Ida Einwände erhob.

Eines der typischen Lindgren-Themen sei der Schaden und Nutzen von Macht, sagt Karla Petersen, Bildungsreferentin im Diakonischen Werk. Die starke und kräftige Pippi Langstrumpf zeigt, wie Macht für Gutes genutzt werden kann. "Ronja Räubertochter" gibt ein Beispiel, wie Feindschaft zwischen Gruppen überwunden werden kann. In Büchern wie "Mio, mein Mio" oder "Brüder Löwenherz" ist der Tod Thema und im Märchen "Sonnenau" das biblische Paradies. Den Kindern, so Petersen, werde hier keine heile Welt vorgegaukelt. Aber Lindgren versuche, ihnen die Angst vor dem Tod zu nehmen.

Die beiden Referenten haben einen rollenden Bücherkoffer mit Lindgren-Büchern zusammengestellt, der von Lehrkräften für Projekte, Lesenächte und Vorlese-Tage ausgeliehen werden kann. In Vorträgen informieren sie über Methoden und Materialien. Sechs solcher Veranstaltungen in Schleswig-Holstein sind noch für dieses Jahr geplant.

Für die Grundschule haben sie eine Unterrichtseinheit zum Thema Menschenbild erarbeitet. Grundlage ist die Geschichte, wie Michels Mutter von den Bewohnern von Lönneberga Geld bekommt, damit sie ihren wilden, unartigen Lausejungen nach Amerika verkaufen kann. Doch Michels Mutter wirft ihnen das Geld vor die Füße: "Wir haben ihn lieb, so wie er ist!"

Die Sicht der Dorfbewohner sollen die Schüler mit der der Mutter vergleichen. Schon Martin Luther habe vom Menschen als "Gerechten und Sünder zugleich" geschrieben, sagt Koch. Die wichtige Botschaft von Astrid Lindgren an die Kinder sei jedoch, dass sie sich in ihren Stärken und ihren Schwächen annehmen. Koch: "Manchmal ist eben Religion drin, wo nicht Religion draufsteht."