Seelsorge auf der Insel

Auf Mallorca kümmern sich deutsche Pfarrer um ihre Landsleute

09. Oktober 2007


Mehr als drei Millionen Deutsche reisen jährlich nach Mallorca. Manche sind nach ein paar Tagen wieder weg, andere kommen, um für immer zu bleiben, um unter der Sonne des Südens ihr Glück zu versuchen. Aber der Traum von einem leichten Leben auf der Insel zerplatzt oft wie eine Seifenblase, sagen die deutschen Inselpfarrer der evangelischen und der katholischen Kirche.

Die beiden Seelsorger Klaus-Peter Weinhold und Robert Kramer kennen die Schattenseite der Sonneninsel. Ein Beispiel ist die Altenpflegerin Sabine aus Süddeutschland. Sie kratzte ihre letzten Cents zusammen, nahm ihren zwölfjährigen Sohn aus der Schule und brach mit dem Auto Richtung Mallorca auf. "Auf der Insel gibt es genügend alte Menschen, da werde ich schon Arbeit finden und wahrscheinlich besser bezahlt als in Deutschland", dachte sich die alleinerziehende Mutter. Am Ort ihrer Träume angekommen, war das Geld schnell ausgegeben. Mutter und Sohn schliefen zwei Monate lang im Auto, ein verregneter November brach an. Hilfesuchend wandte sich die enttäuschte Frau an die deutschsprachige evangelische Gemeinde, zunächst mit der Bitte, ihr einen Job zu vermitteln. "Aber die Frau war nicht vermittelbar", erinnert sich Pfarrer Klaus-Peter Weinhold. Mit Hilfe des deutschen Konsulats gelang es, Kontakt mit der Familie in Deutschland aufzunehmen und Mutter und Sohn ins Flugzeug nach Hause zu setzen.

So muss der Seelsorger oft praktische Hilfestellung leisten und zum Beispiel einen Rückflug organisieren. "Dazu brauchen wir auch Geld, das wir über Spenden beziehen", berichtet Weinhold, der lange mit dem katholischen Pfarrer Robert Kramer zusammengearbeitet hat. Kramer ging Ende September in den Ruhestand. Neuer katholischer Inselseelsorger ist Walter Eith. Kramer lebt aber weiterhin auf Mallorca und bleibt den Balearen als Seelsorger erhalten.

"Ökumene funktioniert hier gut", sagt Kramer. Die Gemeinden sprechen sich ab, auch um zu verhindern, dass vermeintlich Hilfesuchende nur eine Station nach der anderen abklappern. Die Pfarrer versuchen auch, Opfern von Betrügereien zu helfen. Wie zum Beispiel einer vierköpfigen Familie, die in Deutschland alles aufgegeben hatte, um auf Mallorca ein Restaurant zu übernehmen. "Sie hatten sich aber kaum kundig gemacht und dann standen sie da mit einem Lokal ohne Gäste", berichtet Pfarrer Kramer. Das Geld, das der Familie blieb, reichte nicht einmal mehr für die Rückflugtickets. Die Kirche half aus.

"Jeden Monat kommen Deutsche zu uns, die hier gestrandet sind, weil sie sich über die Lebensbedingungen schlecht informiert haben", sagt Kramer. "Es ist ja nicht verwerflich, zu hoffen, dass das Leben hier im warmen Süden leichter ist. Viele teilen diese Sehnsucht", erklärt Weinhold. Nach Informationen der Industrie- und Handelskammer Palma ist es auf Mallorca in der Regel nicht leichter als in Deutschland, Arbeit zu finden. Zusätzlich ist das Leben auf der Insel nicht billiger. Das Preisniveau entspricht in etwa dem deutschen, während das Lohnniveau niedriger ist.

Der 53-jährige evangelische Geistliche Weinhold hatte die Insel als Tourist lieben gelernt und sich deshalb direkt auf die Stelle des Balearenpfarrers beworben, der auch für Menorca, Ibiza und Formentera zuständig ist. Wenn 2011 seine Zeit auf der Insel abgelaufen sein wird, will er aber wieder zurück nach Deutschland, zu den Freunden und zur Familie. Sein katholischer Kollege hatte sich vor fünf Jahren als Auslandsseelsorger beworben. Er hätte auch in Afrika oder Asien landen können, dass es nun gerade Mallorca wurde, sei purer Zufall, erklärt der 72-Jährige.

Die deutschen Pfarrer genießen auf der Ferieninsel hohes Ansehen. Das mag auch daran liegen, dass sie dort viele zusätzliche Aufgaben übernehmen: Auf Mallorca gibt es zwar viele Angebote für Deutsche, aber keine Beratungsstellen mit deutschsprachigem Personal. Stattdessen sind die Pfarrer Anlaufstelle bei Rechtsfragen, Geldsorgen und Eheproblemen.

Rund 35.000 Deutsche leben länger als drei Monate im Jahr auf Mallorca, viele Senioren, die dazu beigetragen haben, dass die Insel als so genanntes Rentnerparadies firmiert. Auch Immobilienmakler, Anwälte, Bäcker, Handwerker und Künstler haben Fuß fassen können. Doch nicht nur die Erfolgreichen zieht es auf die Insel: Auch eine Gruppe deutschsprachiger Obdachloser hat sich an der Playa de Palma gefunden. Auch zu dieser Gruppe halten die Pfarrer Kontakt.

Deutschsprachige evangelische Gemeinde auf den Balearen