Dem Himmel ganz nah ...

Am Berg Gottes Wort hören

24. Juli 2007


"Das Wehen von Gottes Geist wird immer zu spüren sein." Ein warmer Wind trägt die Worte der evangelischen Pfarrerin und Münchner Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler zum grauen Fels der Kampenwand in den oberbayerischen Alpen. Im grünen Gras sitzen in bunten Grüppchen rund 300 Gottesdienstbesucher. Neben ihnen fällt der Berg steil ab und gibt den Blick frei auf den in der Sonne glitzernden Chiemsee. Die evangelische Gemeinde in Aschau hat auf der Steinlingalm an der Kampenwand in 1.500 Metern Höhe zum Gottesdienst geladen.

Rund 800 Gottesdienste unter freiem Himmel bieten die evangelischen Gemeinden in ganz Bayern dieses Jahr an. Gut die Hälfte davon findet in luftiger Höhe auf den Bergen Oberbayerns und im Allgäu statt. Dieses Angebot der Berggottesdienste richtet sich vor allem an Urlauber und Tagesgäste. "Den Menschen geht in der Natur das Herz auf, und wir gehen dahin, wo die Menschen sind", erklärt Kirchenrat Mathis Steinbauer. Er ist im Landeskirchenamt für die Kur- und Urlaubsseelsorge zuständig und bündelt Berg-, See- und Waldgottesdienste zum Programm "Kirche im Grünen".

Um kurz nach 7 Uhr in der Früh ist Horst Leonhard aufgebrochen, um seine Tochter in Bad Endorf vom Zug abzuholen. Sie studiert in München evangelische Theologie. Zwei Stunden haben sie für den Aufstieg zur kleinen Holzkapelle auf der Steinlingalm gebraucht. Kurze Wanderhosen und T-Shirt geben den Blick auf Leonhards braun gebrannte Arme und Beine frei. "Es ist schön, am Berg Gottes Wort zu hören!" erklärt er. Er gehe oft in die Berge. Wunderbar, wenn sich das mit einem Gottesdienst verbinden lasse, meint er.

Der Wind zerrt an dem weißen Leinen, das über den Biertisch geworfen wurde, der als Altar dient. Felssteine beschweren die Seiten der aufgeschlagenen Bibel. Ein Heftchen mit einfachen Liedern macht die Ausstattung für einen Freiluftgottesdienst komplett. Meistens unterstützt ein Posaunenchor den Gesang der Besucher und trägt die Musik weit ins Tal hinab.

"Gottes Wunder ist in jeder kleinen Blume zu entdecken", predigt Breit-Keßler inmitten von purpurroten Alpendisteln und blauem Rittersporn. Es habe etwas befreiendes, in schöner Natur gemeinsam zu singen und zu beten, erklärt die Regionalbischöfin für München und Oberbayern ihre Begeisterung für Gottesdienste unter freiem Himmel. "Letztes Jahr ist jemand nach seinem Besuch an der Kampenwand in die Kirche eingetreten", erinnert sie sich.

Bewusst werden in den Urlaubsorten des Voralpenlandes für die Feriengäste Berggottesdienste auch unter der Woche angeboten. Die Predigten unter freiem Himmel hätten durchaus etwas missionarisches, so Steinbauer. "In der freien Natur können die Menschen viel leichter einfach dazu stoßen."

Die Mühe scheint sich zu lohnen: Die Freiluftangebote finden regen Zuspruch. Gerade die Zahl der Berggottesdienste habe sich in den vergangenen zehn Jahren auf die aktuellen 400 verdreifacht, berichtet Steinbauer. Manchmal kämen Urlauber in späteren Jahren wieder, um sich auf dem Berg trauen oder ihr Kind am See taufen zu lassen.

Auch bundesweit bieten die beiden großen Kirchen an verschiedenen markanten Stationen von den Alpen bis zur Ost- und Nordseeküste Gottesdienste unter freiem Himmel an.


Berggottesdienste der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Kirche im Grünen