Open-Air-Gottesdienst beendet Kirchentag

Köln erlebte ein heiteres Kirchenfest

11. Juni 2007


Ein Open-Air-Gottesdienst mit 100.000 Menschen hat am Sonntag den evangelischen Kirchentag in Köln beendet. "Dass es ein so schönes Fest geworden ist, das ist ein Geschenk Gottes", rief Kirchentagspräsident Reinhard Höppner den Gläubigen am Rheinufer zu. An den fünf Tagen des Protestantentreffens wurden 1,1 Millionen Gäste gezählt, mehr als beim letzten Kirchentag in Hannover. Am Samstag hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler den Kirchentag besucht. Sie warben für einen fairen Umgang mit armen Ländern. Der nächste Kirchentag findet 2009 in Bremen statt. Der Kirchentag habe gezeigt, dass Spiritualität und Weltverantwortung untrennbar zusammengehörten, unterstrich Höppner. Das Glaubensfest habe unter anderem den Blick geschärft für die Würde des Menschen. Die Erfurter Pfarrerin Mechthild Werner ermutigte in ihrer Predigt die Christen, sich für den Klimaschutz und eine gerechtere Wirtschaft einzusetzen. Gegen die nachhaltige Zerstörung helfe nur Umkehren und Umdenken. "Wir brauchen den Klimawandel in den Köpfen und Herzen." In dem Gottesdienst wurde auch Abendmahl gefeiert, zu dem alle Getauften eingeladen waren. Die katholische Amtskirche hatte ihren Gläubigen allerdings die Teilnahme verboten. Auch beim ökumenischen Kirchentag 2010 in München wird es wohl kein gemeinsames Abendmahl von Katholiken und Protestanten geben.

Stadt in Orange - Köln erlebte einen heiteren Kirchentag

Es muss schon etwas Besonderes sein, wenn 100.000 Menschen bei schwülen 27 Grad einen Schal tragen. Gerade wenn es so eng zugeht: überfüllte Straßenbahnen, 70.000 begeisterte Zuschauer bei den Wise Guys auf den Poller Wiesen und ein Open-Air-Gottesdienst mit 100.000 Gläubigen, die sich alle mal in den Arm nehmen. Beim evangelischen Kirchentag in Köln war es an vielen Orten vor allem eines: voll. Die Pfadfinder mussten die Schilder mit dem Aufdruck "Halle überfüllt" häufiger in die Höhe halten. Der guten Stimmung tat das jedoch keinen Abbruch. "Ein ausgesprochen heiterer und fröhlicher Kirchentag", befand Kirchentagspräsident Reinhard Höppner. Selbst die Bundeskanzlerin, vorher noch scharf auf dem Kirchentag für die G-8-Beschlüsse kritisiert, wurde am Samstag freundlich empfangen.

Es war ein fröhliches Miteinander der Generationen: Jugendliche in Pfadfinderkluft oder T-Shirts der evangelischen Jugend ihrer Gemeinde, grauhaarige ältere Semester, die ihre gesammelten Kirchentagsschals als Devotionalien aus vergangenen Tagen an den Rucksack gebunden haben, Eltern, die ihre Kinder an die Hand oder auf die Schultern nehmen: Stets warteten alle einträchtig auf die U-Bahn, diskutierten und sangen gemeinsam und zogen zwischen den Messehallen und der Innenstadt von Veranstaltungsort zu Veranstaltungsort. Egal ob Kirchentags-T-Shirts, Flaggen oder Schals - überall leuchtete Köln in den vergangenen Tagen orange. Beim ökumenischen Gottesdienst am Freitagabend sei der Dom "ein Meer von Orange" gewesen, schwärmt der Sprecher der rheinischen Kirche, Jens-Peter Iven.

Auch Gérome und Tobias aus Berlin hatten sich die leuchtend-grellen Schals um den Hals und die Hüften geschlungen. Die beiden 16-jährigen Schüler aus Berlin waren zum ersten Mal auf einem evangelischen Kirchentag - und begeistert. "Besonders klasse fand ich das Feierabendmahl", erzählt Tobias. 4.000 Menschen seien dort zur "Speisung der 5.000" zusammengekommen. Dass an jeder Ecke und in jeder Veranstaltung gesungen wurde, gefällt den beiden Berliner Schülern.Für Linda, Andreas und Florian aus Aachen war das große Wise-Guys-Konzert auf den Poller Wiesen das Highlight des 31. Deutschen Evangelischen Kirchentags. Denn nicht alle kamen zur Einkehr oder zum Gespräch über den Glauben nach Köln. "Ich habe hier auf dem Kirchentag nur ein Gespräch über Gott geführt - und das reicht", meint der 17-jährige Florian. Lieber Musik, Sport, Fast Food und Feiern bis zwei Uhr nachts - das macht für ihn den Kirchentag aus.

Die meisten Besucher zeigten eine gute Kondition. Schon bei den Bibelarbeiten um 9.30 Uhr waren die Hallen und Plätze voll. Die Pausen reichten meist nur, um die nächste Kirche oder Halle aufzusuchen. Selbst um 22.30 Uhr diskutierten Alt-68er und "Generation Praktikum" noch zu Themen wie Weltreligionen, Globalisierung oder Theologie und Quantenphysik. Ein Gottesdienst hier, eine Bibelarbeit da, schnell noch ein wenig Putencurry am Bio-Stand essen und dann beim Konzert mitfeiern - fünf Tage Kirchentag waren für manche dann doch genug. Das ließ sich vor allem an den Augen der Jugendlichen ablesen. Beim Abschlussgottesdienst hatten viele Ringe unter den Augen, gähnten oder dösten auf der Wiese.

Damit niemand einschlief, forderte Kirchentagspräsident Höppner die Besucher auf, sich doch einfach mal zu umarmen. Nach einer scharfen Globalisierungskritik von Pfarrerin Mechtild Werner wurde also erst einmal gekuschelt. Dann trällerten die Wise Guys zum x-ten mal den Kirchentags-Song "Lebendig und kräftig und schärfer". Auch der rheinische Präses Nikolaus Schneider war am Ende "ein bisschen müde, aber ausgesprochen happy und ganz entspannt".

Mehr Informationen über den Kirchentag in Köln

Deutscher Evangelischer Kirchentag