„Arbeit, um zu bleiben – Arbeit, um zu leben“

Berliner Initiative unterstützt von Abschiebung bedrohte Menschen

29. Mai 2007


Seit 15 Jahren lebt Familie I. in Deutschland. 1991 kam das Ehepaar nach Berlin, weil es im Kosovo von der serbischen Polizei verfolgt wurde.  Herr I. wurde beschuldigt, Plakate für die UCK geklebt zu haben. In Berlin lebten sie mit einer Duldung bis zum Jahr 2001. Alle drei Kinder sind hier geboren, hier in den Kindergarten gegangen und besuchen die Schule. Herr I. hatte bis 1998 verschiedene Arbeitsstellen, dann bekam er keine Arbeitserlaubnis mehr. Im Jahr 2001 kam die Familie in Abschiebungshaft, was für sie ein besonders traumatisches Erlebnis war. Sie stellte einen Antrag auf Asyl und wurde dann in Potsdam untergebracht, wo sie seit 2002 in einer eigenen Wohnung lebt. Herrn I. wurde seitdem mehrfach eine Arbeitserlaubnis verweigert. Weil er keine Aufenthaltserlaubnis hat, bekommt er von der Agentur für Arbeit keinen endgültigen Bescheid. Solange er diesen nicht hat, wird ihm und seiner Familie aber auch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt.. So lebt sie weiter in Ungewissheit, sie ist in Deutschland nur geduldet.

In der Bundesrepublik Deutschland hielten sich Ende April dieses Jahres 164.000 Geduldete auf. Über 64.000 Personen leben länger als 8 Jahre in Deutschland. Die größte Gruppe dieser langjährig Geduldeten stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien, die zweitgrößte aus der Türkei.

Bis zum 1. Oktober 2007 gibt es nun auf Beschluss der Innenministerkonferenz für einen Teil dieser Menschen eine Chance auf einen gesicherten Aufenthalt. Allerdings müssen sie einen Arbeitsplatz nachweisen.  Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist dafür erleichtert worden.

Wenn jemand ein Arbeitsplatzangebot  nachweisen kann, bekommt er eine Arbeits- und eine Aufenthaltserlaubnis. Man darf dann auch außerhalb des Wohnortes arbeiten. Die Arbeitgeber müssen ihrerseits ein verbindliches Arbeitsplatzangebot mit Angabe der Stelle, der Vergütung und der Arbeitszeit abgeben. Alle Ausländer, die bis zum 17.11.2006 als Familie seit mindestens  6 Jahren (bei Einzelpersonen: 8 Jahre) in Deutschland leben, müssen bei der Ausländerbehörde eine Duldung zur Arbeitssuche sowie eine Bescheinigung für den Arbeitgeber beantragen. Die hierfür gesetzte Frist endet – je nach Bundesland – in den nächsten Wochen. Wer diesen Antrag fristgemäß gestellt hat, aber erst später einen Arbeitsplatz findet, kann noch bis spätestens 1. Oktober 2007 eine Aufenthaltserlaubnis beantragen.

Ein Gesetzentwurf, der noch vor der Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden soll, bringt weitere Veränderungen für diese Menschen: Familien, die sechs Jahre in Deutschland geduldet leben (bei Alleinstehenden: 8 Jahre) und in denen kein Familienmitglied straffällig wurde, können dann eine Aufenthaltserlaubnis für zweieinhalb Jahre bekommen. Wenn man in dieser Zeit durch eigene Arbeit gelebt hat, wird die Aufenthaltserlaubnis um weitere zwei Jahre verlängert.

Diese Regelung bleibt hinter den Forderungen und Erwartungen der Kirchen zurück. Die Kirchen haben ein dauerhaftes Bleiberecht für diejenigen gefordert, die sich nach einer Voraufenthaltszeit von drei Jahren ernsthaft um einen Arbeitsplatz bemühen. Auch alte, kranke und pflegebedürftige Menschen werden aus Sicht der Kirchen im Gesetzentwurf ebenso zu wenig berücksichtigt wie die Menschen, die aus Familien kommen, in denen ein Familienmitglied straffällig geworden ist. Verknüpft wird die Bleiberechtsregelung mit einer Einschränkung der Sozialleistungen für die Betroffenen und die weiterhin Geduldeten.

Um geduldete Ausländer bei der Arbeitssuche zu unterstützen und um mögliche  Arbeitgeber zu gewinnen, hat der Evangelische Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf zusammen mit der Evangelischen Kirche Berlin – Brandenburg – schlesische Oberlausitz und dem Diakonischen Werk dieser Landeskirche die „Arbeitsplatzkampagne für langjährig geduldete Migrantinnen und Migranten in Berlin und Brandenburg“ ins Leben gerufen.

Fördererin dieser Aktion ist neben verschiedenen Vertretern der Flüchtlings- und Migrantenarbeit auch die EKD. Sie steuert zu einem erheblichen Teil finanzielle Mittel bei, damit geduldeten Ausländern ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann. Bis jetzt haben sich etwa 100 Menschen an das Kampagnenbüro gewandt und hoffen auf die Chance, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Die Berufe der Menschen, die sich gemeldet haben, sind so vielfältig wie ihre Herkunft. Dringend gesucht sind nun Arbeitgeber, die eine Stelle zu besetzen haben sowie auch Hinweise auf interessierte Firmen oder Anstellungsträger.
Auch Bischof Wolfgang Huber unterstützt diese Kampagne: „Menschen, die jahrelang bei uns geduldet wurden, brauchen endlich eine Lebensperspektive. Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung für diese Kampagne“, so der Vorsitzende des Rates der EKD.