Gemeindearbeit im Nahen Osten

Vertreter evangelischer Gemeinden treffen sich zu Jahrestagung in Kairo

16. April 2007


Eine geballte Ladung deutschsprachige Pastorinnen und Pastoren und leitende Gemeindeglieder im Nahen Osten bereitet sich dieser Tage auf eine Reise nach Kairo vor. Einmal im Jahr treffen sich Vertreter der deutschsprachigen evangelischen Gemeinden aus dem Nahen Osten, das bedeutet aus Istanbul, Zypern, Beirut, Jerusalem, Amman, Teheran, Kairo, Qatar und Dubai. Ein Erfahrungsaustausch, der dringend nötig ist, denn die Geistlichen und Kirchgemeinderäte sind meist ziemliche Einzelkämpfer in ihrem Land, es gibt praktisch keine deutschsprachigen evangelischen Kollegen vor Ort. Die nächste Partnergemeinde ist ein paar Flugstunden entfernt – aber einmal im Jahr sitzen sie dann alle um einen Tisch. Der steht dieses Jahr vom 19. bis 24. April in Kairo und ist so groß, dass alle 60 Teilnehmenden aus den Gemeinden Platz haben – hoffentlich auch Platz haben mit ihren Problemen, Fragen und Ideen für die Auslandsarbeit.

Dialog des Lebens in spannungsreicher Zeit – ist das Thema der Konferenz. Wie kann christliches Gemeindeleben in einem muslimischen Umfeld gestaltet werden? Wie geht es weiter nach dem Karikaturenstreit, dem Krieg im Libanon, dem Papstbesuch in der Türkei - aktuelle Tagespolitik ist greifbar im Arbeitsalltag der Gemeinden.

Dialog – damit ist zum einen der Dialog mit den Institutionen vor Ort gemeint: In Kairo bezieht sich das auf die Partner von der koptisch-evangelischen Kirche (ja die gibt es tatsächlich, auch wenn sie winzig klein ist), von der orthodoxen Kirche und der Al-Azhar-Universität. Und damit in den fünf gemeinsamen Tagen nicht nur über den Dialog dialogisiert wird, sind viele Besuche bei eben diesen Partnern vor Ort geplant.

Dialog – die Bereitschaft dazu muss früh erlernt werden: Kindergarten und Schule spielen dabei eine wichtige Rolle. In Kairo steht dafür die Deutsche Evangelische Oberschule in Trägerschaft der Gemeinde, die deutschsprachige und ägyptische Kinder vom Kindergarten bis zum Abitur führt. Dort lässt sich jeden Tag deutlich greifen, wo die Herausforderung, die Chancen, aber auch die Grenzen des Dialogs zwischen den Kulturen und zwischen den Religionen liegen. An einem Tag soll in Kleingruppen daran gearbeitet werden, wo und wie Christen (östlicher und westlicher Prägung) und Muslime miteinander arbeiten, lernen und feiern: Sozialprojekte der Schule sollen vorgestellt werden, der sonntägliche Schulgottesdienst, gemeinsame besinnliche Feiern von Christen und Muslimen, etc. Ehrgeizigstes Projekt des Dialogs: der kooperative Religionsunterricht, bei dem muslimische, koptisch-orthodoxe und evangelische/katholische Religionslehrer Schüler und Schülerinnen aller dieser Religionszugehörigkeiten unterrichten.

Dialog – die kleinste, manchmal die schwierigste, manchmal die verheißungsvollste Dialog-Zelle ist die Familie. Frauen in bi-nationalen Familien berichten über ihre Erfahrungen, wie sie Brücken schlagen, um Verständigung kämpfen, eben gelingenden und scheiternden Dialog alltäglich erleben.

Ein „hochkarätiger Bi-Nationaler“ wird auch zu Gast sein: Der deutsche Botschafter Bernd Erbel - mit einer libanesischen Christin verheiratet und die letzten Jahre als Botschafter im Irak - wird aus seiner Erfahrung über den Dialog des Lebens berichten. Und er ist nicht der einzige „hochkarätige“ Gast: Auch der EKD-Auslandsbischof Martin Schindehütte wird zeitweise die Konferenz begleiten.

Natürlich soll nicht nur gearbeitet, sondern auch miteinander gefeiert werden: tägliche Andachten und einen großen Festgottesdienst mit vielen ökumenischen Partnern.