Beweis für den Thesenanschlag?

Sturm hat zwei Fialen der Schlosskirche zum Absturz gebracht

06. Februar 2007


Viele, die den Luther-Film gesehen haben, haben die Szene nicht vergessen: Joseph Fiennes steht als Martin Luther vor der Türe zur Schlosskirche in Wittenberg, schaut sich um und nagelt dann seine 95 Thesen an die Tür, an der schon andere Zettel – einem schwarzen Brett gleich – hängen. Unsicher geht sein Blick zurück, gleichzeitig hält er das Papier fest: Es ist geschehen – und der Martin Luther im Film weiß, welchen Sprengstoff er an die Tür genagelt hat. Kirchengeschichtlich bewanderte Kinogänger wusste, wie umstritten die Szene überhaupt ist, war sich die Forschung doch seit einigen Jahren sicher, dass dies „nur“ eine Legende ist. Der Reformator habe nie die 95 Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche geheftet.

In den letzten Tagen ist wieder Schwung in die Diskussion gekommen, ob es den Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 gegeben hat: In der Jenaer Universitätsbibliothek ist eine handschriftliche Notiz entdeckt worden, in der ein Zeitgenosse des Reformators vom Anbringen der 95 Thesen am 31. Oktober 1517 am Tor der Wittenberger Kirche berichtet. Dieser Eintrag könnte belegen, dass sich die Legende wirklich zugetragen hat. Letztendlich ist die Frage, ob Luther die Thesen an der Tür der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen hat, nicht wirklich entscheidend: der 31. Oktober ist seit Jahren der Tag, an dem die evangelische Kirche sich der Reformation erinnert und die Schlosskirche ist der Ort, mit dem das ursprünglich und unwiderruflich verbunden ist.

Daran konnte auch Kyrill nichts ändern: Der Sturm, der Mitte Januar über Deutschland gefegt ist, hat zwei Säulen am Turm – so genannte Fialen – zum Abstürzen gebracht. Eine stürzte vor die Kirche, die andere ins Dach der Kirche. Den Menschen, die zu dieser Zeit Gottesdienst feierten ist nichts passiert, aber die Kirche bedarf dringend der Reparatur und Renovation.

In der Schlosskirche in Wittenberg sind der im Februar vor 461 Jahren verstorbene Martin Luther und sein langjähriger Freund und Weggefährte Philipp Melanchthon bestattet. In der Schlosskirche treffen sich Menschen, die die Städten der Reformation besichtigen und sich der Tage vor 490 Jahren in Wittenberg erinnern wollen – so etwa auch die 150 Teilnehmenden aus ganz Europa, die Mitte Februar in Wittenberg zusammen kommen, um gemeinsam den dritten Schritt zur dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung zu gehen. Der erste Schritt fand vor einem Jahr in Rom statt – der Stadt des Papstes. Der zweite Schritt hatte seinen Platz in den vielen protestantischen, katholischen und orthodoxen Gemeinden in Europa. Jetzt soll als dritter Schritt in der Stadt der Reformation die Diskussionen aus allen Winkeln und Ecken Europas zusammen getragen werden.

Die Schlosskirche in Wittenberg ist ein Symbol. Bei der Suche nach den wichtigsten Orten in Deutschland, die das ZDF durchgeführt hat, kam die Kirche, an die Martin Luther vielleicht am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen hat, auf den dritten Platz. In Wittenberg steht auch die Stadtkirche, in der Martin Luther über 2.000 mal gepredigt hat, doch das Symbol für die Reformation ist die Schlosskirche, aus deren Turm zwei Fialen abgestürzt sind.

Wer die Renovierung der Schlosskirche, dem Sinnbild der Reformation unterstützen will, kann das auf dem Spendenkonto der Sparkasse Wittenberg, Konto-Nummer 35 017, BLZ 805 501 01.

Schlosskirche Lutherstadt Wittenberg