„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“

Zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan

23. Oktober 2006


In diesen Tagen geht für Menschen muslimischen Glaubens der Fastenmonat Ramadan mit dem Fest des Fastenbrechens zu Ende. Der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, hat an die Mitglieder Ihres Verbandes, an Moscheegemeinden und an Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland zu diesem Fest im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland herzliche Grüße und Glückwünsche gesandt.

Für Menschen muslimischen Glaubens gehört das Fasten wie das Glaubensbekenntnis, die täglichen Gebete, die Armensteuer und die Pilgerfahrt nach Mekka zu den fünf Säulen des Islam. Der heilige Monat Ramadan, der neunte im islamischen Mondjahr, wandert durch das gregorianische Kalenderjahr, das für das gesellschaftliche Leben in Westeuropa ausschlaggebend ist. Der muslimische Fastenmonat beginnt, wenn die Mondsichel nach Neumond erstmals wieder mit bloßem Auge sichtbar ist. Im Ramadan sind die Gläubigen aufgerufen, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf Essen, Trinken, Rauchen und Geschlechtsverkehr zu verzichten. 30 Tage dauert das Fasten. Ausgenommen vom Fastengebot sind Alte und Kranke, Kinder, Schwangere und Reisende sowie Soldaten im Krieg. Der Ramadan ist auch der Monat der guten Taten und der Läuterung von Körper und Seele. Mitmenschlichkeit und Versöhnung werden groß geschrieben. Die Muslime entrichten die Armensteuer Zakat oder unterstützen Bedürftige.

In Deutschland leben rund 3,2 Millionen Muslime. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland schätzt, dass rund die Hälfte der Erwachsenen am Fasten teilnimmt. Weltweit gibt es etwa eine Milliarde Muslime.

Nach der Überlieferung begannen im Ramadan die Offenbarungen Gottes an den Propheten Mohammed. Die Gläubigen widmen sich daher in diesen Wochen besonders dem Gebet und dem Studium des Korans. Abends treffen sie sich mit Freunden und Verwandten zum gemeinsamen, oft üppigen Essen oder kommen in den Moscheen zusammen. In vielen islamischen Ländern verkürzen Geschäfte und Behörden die Arbeitszeiten. Der Ramadan endet mit dem Fest des Fastenbrechens.

Feste Fastenzeiten kennen die meisten Religionen. Die Christen fasten von Aschermittwoch bis Ostern, eine Fastenzeit, die durch die Aktion „Sieben-Wochen-Ohne“ unter evangelischen Christen in den letzten 15 Jahren neue Aktualität gefunden hat. Auf die vielen Religionen gemeinsame Praxis des Fastens weist auch der Ratsvorsitzende in seinem Schreiben an die Muslime hin: „Das Fasten ist ein Zeichen der Dankbarkeit. Es bringt zum Ausdruck, dass - um mit einer biblischen Formulierung zu sprechen - der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern der Wegweisung, Leitung und Barmherzigkeit Gottes bedarf.“ Fastenzeiten, in denen Menschen aus Glaubensgründen mancher Bedürfnisse versagen und den gewohnten Tagesrhythmus zu unterbrechen, macht aufmerksamer für Gottes Wort und das, was die Mitte und den Quell des Lebens in der jeweiligen Religion ausmacht.

Sich gegenseitig in der religiösen Praxis wahrzunehmen gehört zur guten Nachbarschaft zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen. Darüber hinaus braucht es allerdings auch Gespräche, um Sachfragen zu klären. Beides kann dazu helfen, Vertrauen wachsen zu lassen. So hat die EKD durch ihren Ratsvorsitzenden vor anderthalb Jahren Vertreter muslimischer Organisationen in Deutschland zu einem Sachgespräch über anstehende grundsätzliche und über aktuelle Fragen eingeladen: Das Gespräch wurde auch in diesem Jahr fortgesetzt. Wolfgang Huber schreibt an die muslimischen Verbände, dass er die Absicht hat, diese Tradition auch in den kommenden Jahren fortzuführen. Ziel sei eine sich festigende Zusammenarbeit zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens. „Gesellschaftliche und politische Ereignisse, die den Eindruck erwecken sollen, dass es einen unüberbrückbaren Graben zwischen Muslimen und der westlichen Kultur gebe, brauchen ein spürbares und sichtbares Gegengewicht in den gemeinsamen Bemühungen um wechselseitiges Verstehen und um die Überwindung bestehender Schwierigkeiten.“

Deshalb begrüßt der Ratsvorsitzende zum Ende des muslimischen Fastenmonats auch die von der Bundesregierung begonnenen Gespräche mit muslimischen Repräsentanten. Auch diese Begegnungen können der Verständigung dienen und Lösungen für Probleme vorbereiten, die das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Glaubens und unterschiedlicher Überzeugungen fördern.

EKD-Pressemitteilung "Huber schickt Grüße zum Ende des Fastenmonats Ramadan"