Alles neu macht der Mai

Jubeln und bitten gehört zusammen

05. Mai 2006


Laut jubeln, in Freude ausbrechen, die Hände zum Himmel reißen und Freudenschreie über das Land schicken – wer hat das nicht schon einmal erlebt? Wer erinnert sich nicht gern an diese Augenblicke zurück: Am Ende einer harten und langen Prüfung, wenn das Zeugnis überreicht wird, nach einem gewonnenen Spiel, das alle Kraft gekostet hat, bei der Geburt eines Kindes – Beispiele solcher jubelnden Augenblicke gibt es genug. Doch eines ist ihnen allen gemein: Es ist der Beginn einer neuen Wirklichkeit, einer neuen Situation. Als St. Pauli damals Bayern München bezwang, waren sie die „Championsleague-Sieger-Besieger“: eine neue Wirklichkeit. Wenn ein junger Mensch sein Diplom oder sein Zeugnis in den Händen hält: eine neue Wirklichkeit. Am augenfälligsten aber sicher, wenn ein neuer Mensch geboren wird: eine neue Wirklichkeit.

Davon, dass für alle Menschen die neue Wirklichkeit anbricht, erzählt der kommende Sonntag, der in diesem Jahr der erste Maisonntag ist. Nicht von der neuen Wirklichkeit, die eben doch nur Spiel is. Nicht, von der neuen Wirklichkeit, die eben doch biographisch-individuell ist, nicht von der neuen Wirklichkeit, die das Leben einer Familie umkrempelt, sondern von der ganz neuen und ganz anderen Wirklichkeit für die Erde. Deshalb spricht die Bibel auch von der neuen Schöpfung, der neuen Kreatur: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden.“ Theologisch gesehen ist das noch einmal die Ostererfahrung: Jesus Christus ist auferstanden, der Tod, der alles Leben bestimmt, ist überwunden. Das Osterlachen – Halleluja – verwandelt sich in den Jubel über die neue Schöpfung. Deshalb heißt dieser Sonntag: „Jubilate“ – „Jauchzet Gott, alle Lande.“

Und das passt dann wieder zur Jahreszeit und zum Wonnemonat: „Alles neu macht der Mai!“ Die Sonnenstrahlen haben endgültig den letzten Schnee vertrieben, das Grün drängt ans Licht, die Blumen blühen auf und selbst die schlimmsten Stubenhocker drängt es hinaus in die Natur: „Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt, des sich des Menschen freuen, weil alles grünt und blüht.“ So heißt es in Lied 501 im Evangelischen Gesangbuch, das Martin Behm im 17. Jahrhundert gedichtet hat: „Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein! Die Blüt zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein.“

So klingt der Jubel im Mai über den anbrechenden Frühling und die Ostererfahrung. Und in den Jubelgesang über die neue Schöpfung und die neue Wirklichkeit, mischen sich die Bitten, dass alle Menschen die Freude der Befreiung und Neuschöpfung erleben können. Wie der Jubel haben auch die Bitten immer wieder neue Töne – so in diesem Jahr etwa der Rap der Gruppe Rapsoul: „Gott schenk ihr Flügel“. Das Frankfurter Trio Rapsoul erzählt in unfassbar deutlichen Worten die Geschichte eines Mädchens, dass zur Prostitution gezwungen wird: „Gott schenk ihr Flügel und hol sie hier raus. Sie liegt schon am Boden. Gib ihr die Kraft die sie braucht.“

Das ist die Wirklichkeit: Die Freude und der Jubel über die neue Schöpfung, die angebrochen ist, und die Bitte, dass alle diese neue Wirklichkeit erfahren und erleben dürfen.

Landesbischof Johannes Friedrich (München) zum Thema Zwangsprostitution

Landesbischöfin Margot Käßmann (Hannover) zum Thema Zwangsprostitution

Informationen zum Thema Zwangsprostitution

Kampagne "Stoppt Zwangsprostitution"

Der Song des Frankfurter Trios Rapsoul erzählt die Geschichte eines Mädchens, dass zur Prostitution gezwungen wird: „Gott schenk ihr Flügel"