Die Würde des Menschen lernen

Landesbischöfin Käßmann beim "Bündnis für Erziehung"

20. April 2006


In den Kindertageseinrichtungen, die in kirchlicher Trägerschaft sind, werden Werte, Traditionen und Glauben vermittelt. In diesen Einrichtungen lernen Kinder beten und singen. Sie hören die Geschichte des Glaubens und begegnen den Ritualen und Festen der Kirche. So erfahren sie eine Lebenshaltung, die andere Menschen und die Schöpfung achtet. Die evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann, Mitglied des Rates der EKD, betonte anlässlich eines Gespräches zum „Bündnis für Erziehung“, dass die Kindertageseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft zu einer ganzheitlichen Erziehung bei, die zu Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit führen soll. So trägt die Begleitung, die Kinder in diesen Einrichtungen erleben können, zu einer Kultur des Friedens bei.

Margot Käßmann ist sich sicher, dass die Zukunft von Kirche und Gesellschaft auch von der Nachhaltigkeit der Bildungsprozesse abhängt, „die sich täglich in den rund 9.000 evangelischen Kindertagesstätten ereignen“. In diesen Kindertagesstätten arbeiten etwa 61.000 Menschen, die dort auf mehr als 540.000 „zur Bildung fähige und zur Bildung erwartende Kinder“ treffen. Die Bischöfin der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers nahm für den Rat der EKD an dem ersten Gespräch des „Bündnisses für Erziehung“ teil. Zusammen mit dem katholischen Erzbischof von Berlin, Georg Kardinal Sterzinsky und Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hat sie Motive, Ziele und weitere Schritte vorgestellt. Das Bündnis steht unter dem Motto „Werte erwachsen“.

Das Bündnis für Erziehung sei eine Initiative, die auf den wachsenden Bedarf an wertebezogener Erziehung in der Gesellschaft reagiere, heißt es im „Entwurf einer Plattform“ für die „gesellschaftliche Initiative“. Es stehe für eine neue Form der Zusammenarbeit, die dazu helfen soll, die Orte der Betreuung, Bildung und Beratung mit den Familien zu vernetzen. „Das Bündnis für Erziehung will stärker als bisher religiölse Erziehung und Werteerziehung einbeziehen in die Qualitätsentwicklung und Evaluation von Einrichtungen sowie bei der Förderung der Erziehungskompetenz von Eltern und Institutionen,“ heißt es in dem Entwurf.

Margot Käßmann wies in ihrer Stellungnahme vor der Presse darauf hin, dass die Erfahrungen von Gewalt bei Kinder und Jugendlichen, herausfordern würden: „Zuallererst wird Gewalt in der Familie erfahren und gelernt.“ Die Gesellschaft müsse sich fragen, wie die Jugendlichen aufgewachsen sind, die prügeln und Pornos per Handy verschicken, die keine Grenzen und keinen Respekt kennen und bei alledem sich ihre Zukunft verspielen. Gerade für die Beziehungsfähigkeit seien die ersten Lebensjahre entscheidend: „Da lernen Kinder den Umgang von Menschen miteinander: Zuwendung und Geborgenheit, Rücksichtnahme und Achtung vor dem anderen. Sie lernen Grenzen anzuerkennen und dass ihre eigene Verletzbarkeit eine Bedeutung in der Familie hat. Oder sie lernen es eben nicht und erfahren gar nicht, dass sie eine eigene Würde haben. Ihre Gefühle und Empfindsamkeiten werden mit Füßen getreten. Das wirkt sich dann dramatisch in ihrem Verhalten gegenüber anderen aus.“

EKD-Pressemitteilung "In frühkindlicher Erziehung werden entscheidende Weichen gestellt"

epd-Meldung "Familienministerin und Kirchen wollen Wertevermittlung stärken"