Auf den Spuren der Reformation

Erzbischof von Canterbury besucht Wittenberg

03. Februar 2006


Wittenberg sei eine kleine Stadt mit großer Bedeutung – so begrüßte der Wittenberger Propst Siegfried Kasparick die Delegationen der Church of England und der EKD, die am 2. Februar zu Besuch in der Lutherstadt waren. Ein kurzer Besuch mit großer Bedeutung, könnte man ergänzen, war doch mit dem Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, das erste Mal das Oberhaupt der anglikanischen Gemeinschaft nach Wittenberg gekommen. Das Besuchsprogramm führte ihn, den EKD-Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, den Bischof der Kirchenprovinz Sachsen Axel Noack und die anderen Teilnehmenden zu den Ursprungsstätten der Reformation.

Die erste Station bildete die Schlosskirche, wo Martin Luther ebenso wie sein Freund Philip Melanchthon und sein Förderer Friedrich der Weise begraben liegt. Aufmerksam betrachteten die Besucher vor allem die legendäre Kirchentür, an der Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen zur Erneuerung der Kirche angeschlagen haben soll (auf dem Bild von links: Bischof Axel Noack, Christoph Schwöbel, deutscher Vorsitzender der Meißen-Kommission, Bischof Wolfgang Huber, Kara Huber, Siegfried Kasparick, Erzbischof Rowan Williams). Nach einem kurzen Besuch des Cranach-Hauses ging es zum Rathaus der Stadt Wittenberg.

Dass Oberbürgermeister Eckhard Naumann es sich nicht nehmen ließ, trotz Minusgraden und Glatteis persönlich auf den Marktplatz hinaus zu eilen, um den berühmten Gast aus England willkommen zu heißen, mag auch zu dem Eindruck beigetragen haben, den der Erzbischof später formulierte: „Wir haben wirklich das Gefühl, bei Freunden zu Gast zu sein.“ Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt folgte ein Besuch der Stadtkirche und die Besichtigung des Melanchthon-Hauses.

Krönender Abschluss war dann der Besuch des Luther-Hauses, wo nach einem Rundgang durch einen Teil des Museums die Evangelische Kirche der Kirchenprovinz Sachsen zu einem Empfang einlud. Ein weiterer prominenter Einwohner Wittenbergs war gekommen, um die Delegationen zu begrüßen: der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer. Dieser hob die positiven Beziehungen zwischen der Landesregierung und der Landeskirche hervor und bot vorsorglich schon heute Unterstützung an, wenn die 500-Jahrfeier der Reformation im Jahr 2017 ansteht.

Luther werde von vielen verschiedenen Strömungen und Geisteshaltungen für sich beansprucht, erklärte der Erzbischof von Canterbury am Schluss. Bisher allerdings noch nicht von den Anglikanern. Und mit einem Schmunzeln fügte er hinzu: „Aber wir arbeiten dran.“

Der Besuch in Wittenberg erfolgte im Rahmen der Konsultation zwischen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Kirche von England (Church of England, CofE), die vom 31. Januar bis 3. Februar in der Evangelischen Tagungsstätte Berlin/Schwanenwerder stattfindet. Unter der Leitung des Erzbischofs von Canterbury, Rowan Williams, der als Geistliches Oberhaupt der Anglikaner rund 70 Millionen Christen weltweit vorsteht und Leitender Geistlicher der Kirche von England ist, und des Vorsitzenden des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, beschäftigen sich die Delegationen mit dem Thema "Theologie als Lebensweisheit".