Für Menschen in Bedrängnis beten

Beten ist wichtiges Engagement der Christen

14. Dezember 2005


„Beten ist Reden des Herzens mit Gott,“ hat der Reformator Martin Luther gesagt. Im Gebet bringen Christen vor Gott, was sie bewegt. In diesem Sinn ist das Gebet eine der höchsten Formen des Engagements, das Christen aufbringen können, um die Welt zu gestalten. „Bete und arbeite“ heißt eine alte mönchische Regel. In dieser alten Lebensregel kommt beides zusammen: das kontemplative und das aktive Engagement. Besonders deutlich wird dies, wenn Christen für andere beten und sich danach für andere mit allem, ws ihnen möglich ist, einsetzen. „Fürbitte“ nennen dies die Christen: Im gottesdienstlichen Gebet und im privaten Gebet bringen die Menschen zu und vor Gott, wenn sie sich Sorgen um andere Menschen machen.

„Betet für sie“ – so hat vor einer Woche der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, die Kirchengemeinden aufgefordert, für die im Irak entführte Susanne Osthoff, ihren Fahrer und die weiteren Entführten in den Krisengebieten zu beten. Viele Gemeinden und viele Christen haben die Sorgen und die Ängste um die im Irak entführten Menschen in ihr Gebet aufgenommen. Sie werden weiter – sonntags in den Gottesdiensten und an allen Tagen in den privaten Gebeten – beten, dass die Entführungen, die Menschenrechtsverletzungen und die Angriffe auf die von Gott geschenkte Menschenwürde ein Ende haben.

„Pray for us. Betet für uns“ – so haben nachdrücklich die Christen und die Politiker im Sudan bei dem Besuch der EKD-Delegation vor einigen Wochen die Gäste aus Deutschland aus manchen Begegnungen verabschiedet: Da saßen sie dicht gedrängt: über zwanzig Frauen und Kinder auf einer zerschlissenen Matte. Spärlich waren sie bekleidet, einzelne Mütter gaben ihren Kindern die Brust. Doch die war leer. Eine ältere, zahnlose Frau machte sich zur Sprecherin der Gruppe. Die Verzweiflung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Ihr fehlte – ebenso wie den anderen – alles: Nahrung, Kleidung, Medikamente: „Betet für uns!“

Das Gebet ist die Quelle der Hoffnung und der Ursprung des Helfens. In der mönchischen Regel steht Beten an erster Stelle, aus dem „Gespräch des Herzens mit Gott“ kommt die Aktion: Mahnwachen und Unterschriftenlisten zur Befreiung von Susanne Osthoff und ihren Mitgefangenen, Entwicklungshilfe und politische Argumentationshilfe für die Menschen im Sudan. Dass die Kirchen zum Gebet für Susanne Osthoff aufrufen, schließt auch mit ein, dass Menschen – Christen allzumal – sich bei allen Gelegenheiten für ihr Leben einsetzen. Dass für die Ärmsten der Armen im Sudan gebetet wird, schließt ein, dass wir uns diesem von Bürgerkrieg gebeutelten Land in Afrika zuwenden und zur aktiven Hilfe bereit sind.

Manchmal fehlen angesichts der Brutalität dieser Welt die richtigen Worte, auch die Worte zum Beten. Da ist es gut, dass in der Bibel immer wieder Hinweise zu finden sind, wie mit Worten derer, die schon vor Jahrhunderten um Worte gerungen haben, zu beten ist. Doch im Gespräch mit Gott ist es nicht so wichtig die „richtigen“ Worte zu finden. Der Theologe Gerhard Teerstegen hat dies einmal schön ausgedrückt: „Wenn du nicht beten kannst, so klage es Gott – und siehe du betest schon.“

Christen beten. In diesen Tagen beten viele für Susanne Osthoff, ihren Fahrer, die Entführten im Irak aber auch für die Menschen in all den Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt. Sie beten im Vertrauen und in der Zuversicht, die Jesus Christus verheißen hat: „Bittet so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“

EKD-Pressemitteilung "Kirchengemeinden sollen für Entführte beten"

Wort des EKD-Ratsvorsitzenden am 17. Dezember 2005 auf RBB