Rufer in der Wüste mahnt zur Umkehr

Er widerspricht damit auch Folter und Gewalt

08. Dezember 2005


An Johannes den Täufer erinnert der dritte Adventssonntag: Er war der, der dem Messias voraus ging, der ihm den Weg bahnte. Er war der Rufer in der Wüste, der die Menschen aufruft, das Leben neu auf Gott und den Glauben auszurichten. „Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig,“ heißt es im Wochenspruch der zur dritten Adventswoche gehört. Johannes zeigt auf den, der nach seiner Geburt in eine Futterkrippe gelegt wurde, und den, dessen Leben am Kreuz auf Golgatha gewaltsam ein Ende gesetzt wird. Die Aufforderung des Täufers, das Leben neu zu orientieren, ist zuerst die theologische Frage der individuellen Buße und Umkehr, aber das Bild der Krippe im Stall bei Bethlehem und das Bild des Kreuzes auf Golgatha öffnet den Blick weit über individuelle Fragen hinaus. Armut, Folter, angeblich politisch motivierte Freiheitsberaubung verletzen die Würde des Menschen, die Gott jedem Menschen geschenkt hat.

So ist es ein besonderer Hinweis, dass in diesem Jahr der Internationale Tag der Menschenrechte am Tag vor dem 3. Advent begangen wird. Dieses terminliche Zusammentreffen erinnert, dass die Menschenrechte, die so selbstverständlich erscheinen, in vielen Bereichen der Erde immer noch nicht verwirklicht sind. „Alle Menschenrechte sind universell, unteilbar und bedingen einander.“ An diesen Satz aus der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von 1993 muss immer wieder in Erinnerung gerufen werden. Christen werden sich dafür einsetzen, dass die Lebensrechte universell gelten können, das schließt wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte ebenso wie bürgerliche und politische Rechte ein. In einer aktuellen Diskussion betont die EKD deshalb noch einmal, dass gesetzeswidrige Verhaftungen und Verhöre unter Folter unter keinen Umständen zu geduldeten Methoden eines demokratischen Rechtsstaats, auch nicht zur Terrorbekämpfung werden dürfen. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Rechtswidrige Verhaftungen und Folter durch staatliche Organe zerstören das Rechtsempfinden der Bevölkerung und gefährden Demokratie und Freiheit.

Dieses Jahr wird der 3. Advent überschattet von der Sorge um Susanne Osthoff, ihrem Fahrer und all den anderen, die im Irak und anderswo aus angeblich politischen Gründen entführt sind. Das heißt aber auch, dass Christen überall dort widerstehend und fürbittend entgegen wirken, wo Menschen aus angeblich politischen Gründen ihrer Freiheit und ihrer Würde beraubt werden. Ihre Sorge um die deutsche Archäologin bringen evangelische Christen vor Gott:

Wir rufen zu dir, Gott, Schöpfer allen Lebens, der du Freiheit und Würde schenkst.

Wir bitten dich für alle Menschen, denen Freiheit und Würde genommen sind. In diesen Tagen nehmen wir in besonderer Weise Anteil an dem Schicksal der entführten Deutschen Susanne Osthoff. Für sie und ihren Begleiter und für alle ihrer Freiheit beraubten Menschen im Irak und anderswo bitten dich wir um Trost und Segen, Unversehrtheit ihres Lebens und unverzügliche Befreiung. Wir gedenken vor dir auch des Kummers der Angehörigen und Freunde, die deine Ermutigung und Zuversicht brauchen.“

EKD-Pressemitteilung "Die Sorge um Susanne Osthoff vor Gott bringen"

EKD-Pressemitteilung "Ratsvorsitzender hofft auf Freilassung von Susanne Osthoff"

Pressemitteilung "EKD bekräftigt die universelle Geltung der Menschenwürde"