Versprochen, dass wir uns wiedersehen

Zum Tod von Hanns Dieter Hüsch

06. Dezember 2005


Als Ankündigung verstand er seinen Abschied: „Wir sehen uns wieder“ war seine Abschiedstournee überschrieben. Seine Freunde und treuen Fans wussten seit langem, dass er nicht nur alt, sondern auch krank war: Hanns Dieter Hüsch ist in der Nacht zum Nikolaustag ein halbes Jahr nach seinem 80. Geburtstag gestorben.

Viele haben eigene Erinnerung an die erste Begegnung mit einem der größten literarischen Kabarettisten der deutschen Nachkriegsgeschichte: So sitzt er etwa in der Mensa „Wilhelmstraße“ in Tübingen völlig allein auf der großen Bühne. Zwischen sich und dem studentischen Publikum nur eine kleine Hammondorgel, die schon in den 80er Jahren als antiquarisch zu bezeichnen war. 29 weiße und 20 schwarze Tasten reichten ihm aus, um unter mancher seiner Texte musikalische Anmutungen zu legen. Nicht zu vergessen seine Beschreibung eines „Phänomens, erst kaum zu hören, kaum zu sehen“ und dann folgen Alltagsbeobachtungen und ein Vater ist zu hören, der zu seinem Kind sagt: „mit dem da spielst du jetzt nicht mehr“. Das Ende des Lieds: „Das ist es was man den Faschismus nennt“. Damit traf er für die Studenten damals – bei der Tournee „Und sie bewegt sich doch“ – den Nerv der Zeit.

Doch politisch-bissiges Kabarett war nicht das, was bei dem Niederrheiner im Vordergrund stand. Es waren die einfachen und kleinen Alltagsgeschichten, die man so erlebt. "Die Welt ist, wie sie ist", sagte er vor Jahren. Als Kabarettist konnte er sie nicht verändern, aber Mut machen konnte er den Menschen, in ihr zu leben. Ob er – „das schwarze Schaf vom Niederrhein“ – ein „politischer Clown“ war oder ein „literarischer Entertainer“ ist letztendlich eine Frage des Etiketts, das bei ihm ohnehin nie passt. Seine Zuschauer und Zuhörer sahen in ihm auf jeden Fall den sensiblen Mahner und stillen Poeten.

In seinen Programmen gab er fernab vom tagespolitischen Kommentar echtes Kabarett, das einzig und allein darauf achtete, den Alltag zu beobachten. Von ihm wissen wir das „Frieden beim Frühstück“ anfängt und sich allein darin entscheidet, wie drei Brötchen zwischen einem Ehepaar aufzuteilen sind. Hüschs Episoden über die "Alten Egos" Ditz Atrops und Hagenbuch sind Legende und gehören zu den Glanzstücken des literarischen Kabaretts.

Was wenige wissen: Der Sohn eines preußischen Beamten trat gern in Kirchen und auf Kirchentagen auf oder stieg als Laienprediger auf Kanzeln. Ohne Umschweife und ohne missionarischen Eifer sprach er über den Glauben, über Gott und die Welt, rezitierte Psalmen oder Verse aus der Schöpfungsgeschichte und der Bergpredigt. Die Bibel gehörte zu seinen Lieblingsbüchern. Und er hat die begeisternde Gabe, das „Schwere leicht“ zu sagen. In seinen Texten und Predigten hat er alltägliche Geschichten aufgezeigt, ohne zu verletzen; Missverständnisse und Widersprüchlichkeiten hat er entlarvt, ohne vorzuführen. Er hat dem Kleinen Sinn gegeben, ohne banal zu werden.

„Wir sehn uns wieder“ – so hat er sich verabschiedet. Voller Zuversicht. Das tröstet auch nach seinem Tod.

EKD-Pressemitteilung zum Tod von Hanns Dieter Hüsch