Synode ist sich einig: Tolerant aus Glauben

Synodentagung beendet: Kundgebung zum Thema „Tolerant aus Glauben“ verabschiedet

10. November 2005


Am letzten Tag der Synodentagung war so häufig von historischen Momenten die Rede, dass der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, sich bei der Pressekonferenz selbst Mäßigung auferlegte. Immerhin hatte bereits am Vormittag die Präses Barbara Rinke die Zustimmung der Synode zur Strukturreform als „historische Stunde“ bezeichnet. Wolfgang Huber freute sich später über die konstruktive Debatte zur Kundgebung. Es sei wirklich ein historisches Ereignis, dass die Synode innerhalb von drei Tagen den Kundgebungsentwurf so weit diskutiert, überarbeitet und ergänzt hätte, dass der Text schließlich einstimmig angenommen wurde. Es sei gelungen, in einer gehaltvollen Debatte die theologische Begründung und die spezifische Struktur des evangelischen Toleranzbegriffes herauszuarbeiten. „Tolerant aus Glauben“ lautet der Titel der sechsseitigen Kundgebung, deren Anfang 10 Thesen bilden. Die 120 Synodalen verabschiedeten am letzten Tag außerdem unter anderem Beschlüsse zum Religionsunterricht in der gymnasialen Oberstufe, zur Debatte um die Europäische Union, zum Thema Zwangsprostitution und zur Flüchtlingsarbeit.

„Christinnen und Christen sind nicht tolerant, obwohl sie fest glauben, sondern weil sie fest glauben.“ Die evangelische Kirche wolle eine verlässliche Anwältin für die Menschenwürde sein. Die Ausschreitungen in Frankreich, aber auch Gewalttaten politischer und religiöser Extremisten haben viele Menschen in Deutschland erschüttert. Fragen nach den Grenzen der Toleranz und dem Verhältnis der Religionen in pluralistischen Gesellschaften seien laut geworden, so die Kundgebung. „Führt Religion zu Intoleranz?“ Martin Luther habe Gott als tolerant beschrieben. Evangelische Christen könnten sich an dieser Toleranz Gottes orientieren und seien so zum Dialog mit anderen Religionen, Kulturen und Weltanschauungen bereit. „Wer fest im Glauben sei, vermag andere mit den Augen Gottes zu sehen.“ Dieser Perspektivenwechsel lasse Solidarität mit jedem von Gott geliebten Menschen entstehen.

Toleranz ziele auf die wechselseitige Anerkennung der Menschenwürde. „Nur auf der Basis der wechselseitigen Anerkennung kommt es zu einer Streitkultur, die einen offenen Dialog über die unterschiedlichen Denk-, Lebens- und Handlungsweisen ermöglicht.“ Toleranz habe ihre Grenze dort, wo das Leben und die Würde anderer Menschen gefährdet seien. Unverzichtbar für die Entwicklung von Toleranz sei, dass Menschen die Möglichkeit zur aktiven Teilhabe an unserer Gesellschaft bekommen, so die neunte von zehn dem Text vorangestellten Thesen. „Zukunftsängste befördern Intoleranz.“