Symbol internationaler Verbundenheit

Dresdner Frauenkirche geweiht

01. November 2005


Die Kirche steht. Gläubige wie Ungläubige sprechen von einem Wunder. Diese Kirche ist ein Ort der Orientierung in unsicherer Zeit.

Die Dresdner Frauenkirche fiel den Bombenangriffen zum Opfer, die am 13. und 14. Februar 1945 die Stadt vollkommen zerstörten. Das „Florenz an der Elbe“ war Dresden wegen der Schönheit seiner Bauten genannt worden. Ungezählte Tote und ein riesiger Schutthaufen waren der schreckliche Preis, den das verbrecherische Kriegstreiben Deutschlands in der sächsischen Metropole forderte.

Nun steht die Kirche wieder. Es ist nicht das erste der historischen Gebäude Dresdens, das wieder aufgebaut worden. Doch der Wiederaufbau einer Kirche ist etwas Besonderes. In diesem Fall gilt das erst recht. Fünfzehn Jahre sind von der ersten Idee bis zum letzten Pinselstrich vergangen. Im 18. Jahrhundert, als die Kirche zum ersten Mal in den Dresdner Himmel wuchs, hatte allein der Bau siebzehn Jahre in Anspruch genommen.

Das Vorhaben mobilisiert die Menschen. 25.000 Menschen feierten mit, als die Glocken der Kirche geweiht wurden, 60.000, als das Turmkreuz oben auf die „Steinerne Kuppel“ gesetzt wurde, über 100.000 haben am vergangenen Sonntag mit gefeiert, und wahrscheinlich wird man Jahr für Jahr mehr als eine halbe Million Menschen in dieser wunderbaren evangelischen Kirche begrüßen. Hunderttausende Menschen haben mit ihren kleinen oder großen Beiträgen den Wiederaufbau ermöglicht. Ein erheblicher Teil der Spenden kam aus dem Ausland: Dies ist ein bemerkenswertes Beispiel der Verbundenheit unter den Völkern. Die Schrecken des Krieges sollen ein für allemal vorbei sein. Der Wiederaufbau der Frauenkirche ist ein weithin sichtbares Zeichen der Versöhnung. Die Kirche steht. Sie ist ein Signal des Friedens.

Mit ihr kehrt ein wichtiger Haltepunkt in die Skyline Dresdens zurück. Wer vom anderen Elbufer seine Augen über die Altstadt schweifen lässt, bleibt mit seinem Blick lange an dem Gotteshaus hängen. Aber nicht nur mit dem Blick, sondern auch mit dem Herzen. Die wiedererbaute Frauenkirche steht dort als eine mit Steinen erbaute Gewissheit, die sonst nichts auf der Welt zu geben vermag. In der Tiefe des Herzens weckt sie eine verloren geglaubte Hoffnung. Der Klang ihrer acht mächtigen Glocken verheißt einen Ort der Ruhe inmitten von Hektik und Zwang. Ihre Kirchentüren stehen offen für jeden, der fragend sucht, der ungläubig staunt oder für seinen Glauben eine Heimat haben will. Ihr Raum ist erfüllt von der Anmut des Heiligen; die Seele kann wandern und bei Gott Antworten auf ihre Fragen finden. Die Kirche lädt ein zu beten, zu weinen und zu singen. Auf festem Fundament birgt sie einen Freiraum. In einer Zeit der Ungewissheit gibt sie inneren Halt. Sie ist ein Haftpunkt für Auge und Herz. Unser Land braucht diese Räume der Orientierung – sei es in Dresden, in Potsdam oder in Berlin. Die Dresdner Frauenkirche steht. Gott sei Dank.

Informationen zum ZDF-Fernsehgottesdienst

Frauenkirche Dresden

Die Predigt des EKD-Ratsvorsitzenden am 01. November 2005 in der Frauenkirche