Zentren der geistigen Orientierung werden 60

In Bad Boll am Fuß der Schwäbischen Alb entstand erste Evangelische Akademie

27. September 2005


Vor 60 Jahren ist die erste Evangelische Akademie in Deutschland gegründet worden. Mit «Tagen der Stille» begann am 29. September 1945 im baden-württembergischen Bad Boll die Akademiearbeit. Der Einladung des ersten Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und württembergischen Landesbischofs, Theophil Wurm (1868-1953), waren damals rund 160 Juristen, Ökonomen und Theologen gefolgt. Heute gibt es mehr als 40 evangelische und katholische Akademien in der Bundesrepublik als Orte der Gespräche zwischen Theologie, Kirche, Politik, Wissenschaft und Kultur.

Auch wenn die Akademien – seit Jahrzehnten als innovative Podien in der Gesellschaft bekannt – in den letzten Jahren durch kurzatmigere Angebote im Fernsehen Konkurrenz bekommen habe, bleiben sie für viele -  Prominente  und nicht Prominente - aus Politik, Wirtschaft und Kultur noch immer die geschützten Räume einer gepflegten Diskussionskultur jenseits einer medienbestimmten Öffentlichkeit. Die evangelischen Akademien sind seit 60 Jahren «Räume zur Reflexion».

Aus der Geschichte der Bundesrepublik sind die Evangelischen Akademien nicht wegzudenken. Gegründet wurden sie im Nachkriegsdeutschland als «Antwort von Christen auf die Zerstörung des Geistes, den Vertrauensbruch staatlicher Macht und den Völkermord durch die Nationalsozialisten». Im Westen Deutschlands galten sie bald als unverzichtbarer Teil und Impulsgeber politischer Kultur. In der ehemaligen DDR wurden sie zu einem der wenigen Orte kritischer Diskussion und Reflexion.

Die Bildungseinrichtungen finanzieren ihre Arbeit aus kirchlichen und öffentlichen Mitteln sowie Spenden und Tagungsbeiträgen. Besonders der Einbruch der Kirchenfinanzen macht den Bildungsträgern zurzeit zu schaffen. Seit der Schließung der Evangelischen Akademie Nordelbien mit ihren beiden Standorten in Hamburg und Bad Segeberg Ende 2003 gibt es in Deutschland statt 17 noch 16 der traditionsreichen «Zentren geistiger Orientierung».