Osterwort des EKD-Ratsvorsitzenden

Bischof Wolfgang Huber, Berlin

11. April 2004


"Ich denke dies und denke das, ich sehne mich und weiß nicht recht, nach was." Aus Eduard Mörikes Frühlingsgedicht stammen diese Worte. In ihnen spiegelt sich eine Stimmung, die auch heute manchen vertraut ist. Das Osterfest verbindet sich mit Sehnsüchten und Wünschen. Manche hoffen auf einen neuen beruflichen Beginn oder auf die ersehnte Lebensgemeinschaft. Was davon immer gelingt, es bleibt ein uneinholbarer Rest von Sehnen, das davon Betroffene kaum genau beschreiben können.

Der Sieg Jesu Christi über den Tod, den wir an Ostern feiern, gibt unserem Leben eine klare Richtung. Liebe ist ihr Name. Sie führt unser Sehnen, unser Wünschen und Wollen in eine andere Dimension. Dadurch gewinnen unsere Erwartungen so viel Profil, dass sie nicht länger eine flüchtige Stimmung bleiben. Es entsteht eine Lebenshaltung, die auf Hoffnung gebaut ist: eine Hoffnung über den Tod hinaus.

Was macht uns zu Christen? Was hat die Kirche zu bieten? Die Antwort kommt aus unserer Freude über Christi Auferstehung; sie ist der Pulsschlag des christlichen Glaubens. In allem, was wir erfahren und tun, halten wir uns an Gottes Ja zum Leben. Die gute Absicht, die er mit uns Menschen hat, stellen wir selbst dar. So sind wir Botschafter der versöhnten Welt, auf die wir zugehen.

Selbstverständlich lädt der Frühling dazu ein, poetisch zu werden. Doch Frühlingslyrik trägt allein nicht. Zu stark sind die persönlichen wie weltweiten Todesnachrichten, die uns Tag für Tag, gerade auch in diesen Wochen, überwältigen wollen. Als Fundament unseres Lebens brauchen wir die Begegnung mit dem Auferstandenen. Durch ihn erfahren wir, wie wir begleitet und unterwegs versorgt werden, wie uns die Augen geöffnet werden. Was den Jüngern auf dem Weg nach Emmaus widerfuhr, begegnet uns auch: Christus ist auferstanden!

Das feiern wir auch in diesem Jahr – gemeinsam mit Christen in aller Welt. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Osterfest!"