Grüße aus Rio de Janeiro

Der Olympiapfarrer meldet sich aus Südamerika

8. August 2016

Pfarrer Thomas Weber (re.) und sein katholischer Kollege Rolf Faymonville sind in Rio für die Sportlerinnen und Sportler da
Pfarrer Thomas Weber (re.) und sein katholischer Kollege Rolf Faymonville sind in Rio für die Sportlerinnen und Sportler da

Die XXXI. Olympischen Spiele in Rio de Janeiro sind eröffnet. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte finden sie in Südamerika statt. Mehr als 11.000 Sportlerinnen und Sportler aus 207 Mannschaften gehen in 28 Sportarten an den Start. In den Gesprächen am Rande höre ich dann, wie viele Jahre mit Training, Wettkämpfen, Verletzungspech, Höhen und Tiefen vorangegangen sind. Für die allermeisten Athleten erfüllt sich mit der Teilnahme ein lang gehegter Traum.  

Neben all der Begeisterung geraten schon die Athleten aus dem Blickfeld, die im Vorfeld den Sprung nach Brasilien nur haarscharf verpasst haben. Da ist z.B. die junge Taekwondo-Kämpferin, die im alles entscheidenden Qualifikationskampf eine Sekunde vor Schluss den Gegentreffer kassierte, der alle Rio-Träume platzen ließ. Ein kurzer Augenblick Unachtsamkeit genügte, um eine lange Vorbereitungszeit voller Hoffnungen zu durchkreuzen.

Gleich an den ersten beiden Wettkampftagen beherrschen Stichworte wie "undankbarer vierter Platz" und "Verletzungspech" die sportliche Berichterstattung über das deutsche Team. Da treffe ich zum einen am Abend die Luftgewehr-Sportschützin im Deutschen Haus. Natürlich sei sie enttäuscht angesichts der Tatsache, dass letzten Endes nur wenige Zehntel eines Ringes - also etwa ein Millimeter (!) - an der Bronzemedaille gefehlt haben. Thema an der Strandpromenade von Barra waren auch die Verletzungen des Turners, der sich einen Kreuzbandriss im Vorkampf des Mannschaftswettbewerbs zuzog, und die verletzungsbedingte Aufgabe des Tennisspielers, dem die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand. Wie bitter!

Mein neuer katholischer Olympiaseelsorge-Kollege Rolf Faymonville und ich sind sehr angenehm und gastfreundlich untergebracht in der deutschen katholischen Gemeinde unterhalb des Corcovado-Berges; über uns auf dem Berg steht die 30 Meter hohe Christus-Statue und breitet über der 6 Millionen-Menschen-Metropole die Arme aus. Über allen Eindrücken der ersten Tage beherrscht der Anblick des segnenden Christus auch meine Gedanken.

So mancher biblische Vers geht mir durch den Kopf, wenn ich aus den unterschiedlichen Perspektiven hinaufschaue und die einladende Geste betrachte. So muss ich etwa an das Wort Jesu denken, das er im Verlauf eines hektischen Tages zu seinen Jüngern gesagt hat: "Kommt mit an einen ruhigen Ort und ruht euch ein wenig aus." (Markus 6,31)

Diese Aufforderung zeigt mir, wie wichtig Momente der Besinnung, des Innehaltens und Ausruhens  in unserem Leben sind. Solche Auszeiten wollen wir in den nächsten Tagen für die deutschen Teammitglieder anbieten, damit wir neue Kräfte sammeln können für die olympischen Tage, die vor uns liegen.

Thomas Weber, Olympiapfarrer