„70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkiegs“

Dialog zwischen der EKD und der Russischen Orthodoxen Kirche wurde fortgeführt

14. Dezember 2015

Teilnehmer der Konferenz

In einer gemeinsamen Konferenz haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Russische Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats (ROK) am vergangenen Donnerstag und Freitag in München an das 70-jährige Ende des Zweiten Weltkrieges erinnert. Unter der Leitung des EKD-Ratsvorsitzenden und bayerischen Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm und des Leiters des Außenamtes der ROK, Metropolit Hilarion von Volokolamsk, unterstrichen beide Seiten die friedenstiftende Rolle der Religionen und insbesondere der Kirchen in ihren Zivilgesellschaften. Bedford-Strohm und Hilarion betonten außerdem die Bedeutung der religiösen und theologischen Bildung an Schulen und Universitäten als einer unverzichtbaren Voraussetzung für die innergesellschaftliche Verständigung.

Die Konferenz in der Münchener St. Matthäuskirche fand im Rahmen des bilateralen theologischen Dialoges zwischen der EKD und der ROK statt. Neben Referaten zu Frieden und Krieg in der biblischen Überlieferung und der kirchlichen Tradition behandelten beide Seiten die diakonische Dimension der Friedensstiftung und die Erwartungen der Zivilgesellschaften beider Länder an die Kirchen.

Ein gemeinsames Gebet beider Delegationen in der evangelischen Versöhnungskirche und der russischen Kapelle „Auferstehung unseres Herrn“ in der KZ-Gedenkstätte Dachau schloss die Begegnung ab. In Dachau war gemeinsam mit zahlreichen russischen Kriegsgefangenen auch der evangelische Theologe Martin Niemöller (1892-1982), der erste Auslandsbischof der EKD und Initiator des bilateralen Dialoges zwischen beiden Kirchen, von 1940 bis 1945 interniert gewesen.

In der Konferenz stellte Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Präsidentin von Brot-für-die-Welt, die transformative Rolle der diakonischen Arbeit in Konfliktregionen heraus. Von orthodoxer Seite erinnerte die Diakonie-Beauftragte des Moskauer Außenamtes, Margarita Neljubova, an die Unterstützung, die die orthodoxe Seite seit 1990 beim Aufbau eigener diakonische Strukturen von der evangelischen Kirchen erhalten hatte.

Markus Meckel, Präsident des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge, zeichnete den Prozess der Versöhnung zwischen Deutschland und Russland aus ost- und westdeutscher Perspektive nach und beschrieb auf dem Hintergrund der Ukrainekrise die aktuellen Herausforderungen, die ein gemeinsames Gedenken an die Partner stellt. Für die russisch-orthodoxe Kirche schilderte Alexander Rahr, Projektleiter im deutsch-russischen Forum, die unterschiedlichen zivilgesellschaftlichen Sichtweisen auf die Rolle der Kirchen in Deutschland und Russland. Der Greifswalder Neutestamentler Christfried Böttrich und der Kiewer Kirchenhistoriker Volodimir Bureha stellten das biblische und frühkirchliche Friedenszeugnis aus evangelischer bzw. orthodoxer Sicht dar.

In seinem Grußwort für die Deutsche Bischofskonferenz betonte Weihbischof Thomas Löhr (Limburg) die Bedeutung der kirchlichen Kontakte zwischen Deutschland und Russland. In weiteren Grußworten erinnerten die Vertreter der drei theologischen Lehreinrichtungen für orthodoxe, evangelische und katholische Theologie, Athanasios Vletsis, Harry Oelke und Markus Vogt an das besondere Profil der theologischen Ausbildung an der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität heraus: In einer für Deutschland einmaligen Weise bieten dort alle drei Konfessionen eine universitäre theologische Ausbildung an. Generalkonsul Sergej Ganzha unterstrich in seinem Grußwort für die russische Föderation das große staatliche Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften und insbesondere mit der ROK.

Die Konferenz knüpfte an die evangelisch-orthodoxen Gedenkveranstaltungen zum 50-jährigen und 60-jährigen Kriegsende an: 2005 war der damalige Ratsvorsitzende Wolfgang Huber zum gemeinsamen Gedenken nach Moskau gefahren war. Zum fünfzigsten Gedenken 1995 hatte Patriarch Alexij II Berlin besucht und im Dom eine vielbeachtete Rede gehalten.